Süddeutsche Zeitung

Eishockey:Plötzlich Titelfavorit

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Die Los Angeles Kings schickten den deutschen NHL-Profi Christian Ehrhoff ins Farmteam. Nun spielt er für die Chicago Blackhawks.

Für Eishockey-Nationalspieler Christian Ehrhoff kam die Rettung aus der Zweitklassigkeit ziemlich überraschend. "Ich war beim Mittagessen, als ich von meinem Agenten eine SMS bekam. Ich wusste zwar, dass Chicago sich um mich bemüht, dachte aber nicht, dass so schnell etwas passiert", sagte Ehrhoff, nachdem ausgerechnet NHL-Titelverteidiger Chicago Blackhawks ihn mit einem Vertrag vor einer weiteren Tour durch die unterklassige American Hockey League bewahrt hatte.

Vor zwei Wochen hatte sein bisheriger Arbeitgeber Los Angeles Kings den Verteidiger nach einer bislang schwachen Saison in sein Farmteam Ontario Reign abgeschoben. Nun steht der Rheinländer plötzlich im Kader des Champions, der zum vierten Mal seit 2010 den Stanley Cup gewinnen will. "Ich freue mich riesig über die neue Chance. Chicago ist ein Top-Team, Titelfavorit", sagte Ehrhoff hörbar glücklich.

Blackhawks-Manager Stan Bowman, der im Gegenzug Rob Scuderi zu den Kings schickte, war einer der ersten Anrufer. Er freue sich, dass man nun übereingekommen sei, ließ Bowman Ehrhoff wissen. Bereits im Sommer hatten der vereinslose Deutsche und die Verantwortlichen aus Chicago miteinander gesprochen. Allerdings lagen die Blackhawks schon über der Gehaltsobergrenze. So unterschrieb Ehrhoff für ein Jahr in Los Angeles.

"Ich muss mir erstmal eine Winterjacke kaufen"

Doch bei den Kings konnte er Trainer Darryl Sutter nie vollends überzeugen. Von seinem Wechsel erfuhr Ehrhoff in Austin. Dort sollte er am Freitag und Samstag mit Ontario bei den Texas Stars spielen. Statt im Unterhaus mit namenlosen Profis steht er künftig wieder mit Superstars wie Jonathan Toews oder Patrick Kane auf dem Eis. Von Austin flog Ehrhoff umgehend nach Chicago. "Ich muss mir erstmal eine Winterjacke kaufen", verriet er. Als Ehrhoff nach Texas reiste, hatte er leicht gepackt. Zwei T-Shirts, eine Jeans, einen Kapuzenpulli, einen Anzug. Schließlich wollte er Sonntag wieder in Los Angeles sein. Doch nun wohnt er nicht mehr in Manhattan Beach, wo die Temperaturen selbst im Februar nachts nur selten unter 15 Grad Celsius fallen, sondern in der "Windy City", in der für die kommenden Tage Schneefälle vorausgesagt wurden.

Trotz des Wetters war Chicago schon immer jene Stadt, auf die sich der Routinier (854 NHL-Spiele) bei Auswärtsspielen am meisten gefreut hat. "Und das rote Blackhawks-Trikot ist für mich das Schönste", betont Ehrhoff. Er wird die Rückennummer 55 bekommen - die habe ihm schon Glück gebracht, als er während des NHL-Lockouts 2012 für seinen Heimatverein Krefelder Pinguine spielte. So großartig sein sportlicher Aufstieg ist, so einschneidend wird er für seine Liebsten sein. Wann er Ehefrau Farina und die drei Töchter wiedersehe, wisse er nicht, sagt Ehrhoff. Da die älteste Tochter Leni (6 Jahre) gerade in Los Angeles eingeschult wurde und die Eltern ihr nicht den dritten Umzug seit 2014 zumuten wollen, bleibt die Familie erstmal in Kalifornien.

In Chicago hat Ehrhoff einen Vertrag bis Ende Juni. Es ist ein Neuanfang für ihn - wie so oft in den vergangenen Jahren. Ehrhoff spricht von der "vielleicht allerletzten Chance". Doch damit will er sich erstmal nicht befassen. Er freut sich jetzt auf eine neue Herausforderung.

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SZ vom 28.02.2016 / dpa
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