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Doping mit Wachstumshormon:"Wir kriegen euch"

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Wichtiger Schritt im Kampf gegen Doping: Erstmals konnten Forscher jetzt Manipulation mit einem Wachstumshormon nachweisen - bei einem Rugby-Spieler. Sie rechnen mit weiteren Enthüllungen.

W. Bartens

Zum ersten Mal ist weltweit ein Sportler des Dopings mit Wachstumshormon überführt worden. Dem 31-jährigen britischen Rugby-Nationalspieler Terry Newton war bei einer unangemeldeten Trainingskontrolle Blut entnommen worden. Das Testverfahren, das von Forschern der Ludwig-Maximilians-Universität München um Martin Bidlingmaier und Christian Strasburger entwickelt wurde, hat den eindeutigen Nachweis erbracht. Nachdem er mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, hat Newton das Dopingvergehen gegenüber dem britischen Verband eingestanden und die zweijährige Sperre akzeptiert.

"Dieser Fall zeigt, dass der Test funktioniert", sagt Bidlingmaier. "Weil die Halbwertszeit des Wachstumshormons im menschlichen Körper so kurz ist, lässt es sich am besten bei einer unangemeldeten Trainingskontrolle nachweisen." Nach der Injektion in das Unterhautfettgewebe ist das Dopingmittel nur etwas länger als 24 Stunden, manchmal bis zu 36 Stunden, im Körper zu entdecken. "Mit diesem Test haben wir endlich erstmals ein Mittel, um eine Dopingsubstanz nachzuweisen, die zuvor meist unentdeckt blieb", sagt der Leiter der britischen Anti-Doping-Agentur, Andy Parkinson. "Das ist ein enormer Durchbruch."

Wachstumshormon wird vom Vorderlappen der Hirnanhangdrüse hergestellt. Bei Kindern stimuliert es das Wachstum, Erwachsene schütten hingegen weniger von der Substanz aus. Bei ihnen steuert das Hormon den Stoffwechsel - besonders die Verteilung von Fett und Muskeln im Körper wird reguliert. Das Hormon lässt Fettdepots abschmelzen und fördert den Muskelaufbau. Unter Athleten gilt es auch als das Mittel, das Bänder und Sehnen stärkt, obgleich diese Wirkung medizinisch umstritten ist. Weil die Nachweisverfahren für Erythropoeitin (Epo) und Steroide in den vergangenen Jahren immer genauer geworden sind, gilt Doping mit Wachstumshormon als populäre Ausweichmethode für die Athleten. "Ich rechne noch mit einigen Überraschungen und Enthüllungen in der nächsten Zeit", sagt Hormonforscher Bidlingmaier. "Besonders wenn weitere Tests ohne Vorwarnung durchgeführt werden, ist das zu erwarten."

Das Nachweisverfahren hatten die Münchner Hormonexperten bereits 1999 im angesehenen Fachblatt Lancet beschrieben. Es dauerte allerdings mehrere Jahre, bis zunächst die Wissenschaftsgemeinde und dann vor allem die Juristen der Wada überzeugt waren, dass auf diese Weise dopende Athleten zuverlässig überführt werden können.

In den vergangenen elf Jahren wurden Tausende Proben von Sportlern verschiedener Disziplinen und Ethnien analysiert, um sicherzustellen, dass Athleten nicht fälschlicherweise beschuldigt werden. Aus Angst vor Repressionen und Klagen von Athleten fand sich zunächst keine Firma, die den Test herstellen wollte.

"Dieser erste nachgewiesene Fall ist ein wichtiger Schritt im weltweiten Kampf gegen Doping", sagt David Howman, Direktor der Welt-Antidoping-Agentur Wada. "Die Botschaft an die Sportler, die ihre Leistung unerlaubt mit Wachstumshormon steigern wollen, ist ganz klar: Wir kriegen euch." Howman warnt die Sportler in seiner Stellungnahme vor weiteren Betrügereien, da die Wada noch acht Jahre nach der Probenentnahme ein Disziplinarverfahren gegen die Athleten eröffnen könne. "Wir haben schon viele Proben gesammelt und können sie auch noch Jahre später analysieren."

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SZ vom 23.02.2010
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