Süddeutsche Zeitung

DFB-Pokal:Auf Augenhöhe im Workshop

Lesezeit: 3 min

Eichstätt bereitet sich aufs größte Spiel der Klubgeschichte vor, im Pokal gegen die Hertha. Den Umzug in das Stadion in Ingolstadt muss der Deutsche Fußball-Bund aber erst noch genehmigen.

Von Leon Wohlleben

Wer einmal in Eichstätt zu Gast ist und dem VfB beim Fußball zuschaut, dem sei der folgende Tipp mitgegeben: nahe der Spielfeldecke, die Richtung Sportheim zeigt, befindet sich ein kleiner hölzerner Hochstand. Einen wunderbaren Ausblick aufs Spielfeld gibt es von dort oben, die Seitenauslinie ist nicht einmal sechs Meter entfernt. Und wenn die Mittagssonne einheizt, steht man dort im kühlen Schatten der Bäume. Der Hochstand ist ein einfaches Kinderklettergerüst.

Zwischen dem 9. und 12 August, so genau hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) das noch nicht festgelegt, rückt der Bundesligist Hertha BSC an, um den Viertligisten VfB Eichstätt in der Auftaktrunde des DFB-Pokals herauszufordern. Auf die Frage, ob der VfB nun Vip-Tickets für die Plätze auf dem Klettergerüst im Angebot habe, sagt Vereinsvorstand Thomas Hein: "Das Ganze ist nach den DFB-Vorgaben nicht machbar."

Das Problem dabei ist allerdings nicht nur die Vip-Ticket-Vergabe, es ist das gesamte Stadion, das nicht die Kapazitäten für ein DFB-Pokalspiel hat. Ohnehin ist der Wettbewerb für Eichstätt komplettes Neugebiet, nachdem man sich über den Titel als Bayerischer Amateurmeister in der Regionalliga erstmals qualifizierte - die Suche nach einem Ausweichstadion läuft auf Hochtouren. Vier Spielorte stehen zur Auswahl. Dabei kennt sich der VfB mit dem Besuch der größeren Klubs aus. Seit Jahren schaut der unmittelbare Nachbar, der FC Ingolstadt zu Testspielen vorbei. Vor zwei Jahren kam der 1. FC Nürnberg zur Vorbereitung, vergangene Saison der 1. FC Köln. Und immer füllte sich das Stadion in Eichstätt, in das knapp 2800 Zuschauer passen.

Nun also die Hertha. Thomas Bade, 63, freuts. "Ich bin der einzige Hertha-Fan in Eichstätt", so vermutet Bade es. Der gebürtige Berliner fand erstmals in seinen Studentenjahren ins Olympiastadion. Die Saison 1969/70 war das, Stehplatzkarte, 9 D-Mark. "Wenn Hertha zuhause spielte, das war für uns immer ein Highlight, da war mal was los auf unserer Insel West-Berlin", sagt er. So ging es viele Spielzeiten weiter, bis es ihn vor 11 Jahren über Umwege nach Eichstätt verschlug, der Liebe wegen. Seitdem sind die Wege ins Hertha-Stadion länger, doch immer wieder mal fährt Bade hoch. Doch trotz der Verbundenheit: "Bei einem Sieg würde ich mich echt für Eichstätt freuen."

Dass es zu dieser Begegnung kommt, entschied sich am vergangenen Samstag bei der Auslosung im Deutschen Fußballmuseum. VfB-Vorstand Hein war wie viele andere Vertreter der kleinen Pokalklubs extra angereist, um die Ziehung vor Ort mitzuverfolgen. Und bei der Gelegenheit machte der DFB gleich noch einen Workshop, in dem man kurzgefasst den Verantwortlichen der Amateurklubs erklärte, welche Auflagen für die Ausrichtung auf sie in den nächsten Wochen zukommen. Schon als es um die Platzansprüche des übertragenden Fernsehsenders ging, war für Hein klar: ein richtiges Heimspiel, also auf dem Platz in Eichstätt, wird es aus Platzmangel nicht geben.

Dennoch sind sie beim VfB glücklich über die Zusammenarbeit mit dem DFB, die "auf Augenhöhe" ablaufe, wie Hein sagt. Drei Tage später traf man sich erneut, diesmal in Offenbach, ging die Richtlinien noch einmal ausführlich durch und tauschte eifrig Nummern aus. Mit der Bitte des Verbandes an die Vereine: Bevor ihr meint, das etwas funktioniert, ruft uns besser noch mal an.

Die Eichstätter sind dankbar für das Angebot, wo doch der Verein keinen einzigen hauptamtlichen Angestellten beschäftigt. Gleichzeitig wendet sich der VfB derzeit an große Fußball-Standorte für den vorübergehenden Pokal-Umzug. Geplant ist ein Rundumpaket, bei dem im Mietpreis organisatorische Dienste wie Security und Catering rund um die Partie enthalten sind - eine wichtige Entlastung für die Ehrenamtlichen im Verein. Die Erst- und Zweitliga-Stadien in Augsburg, Regensburg und Fürth sind im Gespräch. Favorit ist aufgrund der Nähe und langjähriger Kontakte aber Ingolstadt. Was noch fehlt, ist die Zusage des DFB, denn der Fall Eichstätt würde eine Besonderheit bedeuten: Der FC Ingolstadt hat durch seinen Abstieg in die dritte Liga ebenfalls das automatische Heimrecht im Pokalspiel gegen Nürnberg. Es besteht die Idee, dass Freitag der FCI den Sportpark bespielt und am Sonntag darauf der VfB Eichstätt einzieht. Dann gäbe es für das Publikum zwar kein Klettergerüst, aber dafür einen richtigen Vip-Bereich.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4493947
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.06.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.