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Deutsche Nationalelf bei der Fußball-WM:Konfuser Auftritt im Siesta-Modus

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Achtes Achtelfinale seit 1986 - achter Sieg für die deutsche Nationalelf. Aber bis der Erfolg gegen Algerien feststeht, gibt es viele Fehler und eine Menge Leerlauf. Die Mannschaft hat es auf die Spitze getrieben. An Bundestrainer Löw bleibt die Frage: Warum?

Ein Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Manchmal ist es gut zu wissen, dass die Geschichte der deutschen Nationalelf nicht erst gestern begann. Gerade dann, wenn man glaubt, Augenzeuge der konfusesten ersten Hälfte zu sein, mit der je eine DFB-Auswahl in ein Länderspiel gestartet ist. Alles schon mal da gewesen, auch schon in einem Achtelfinale, behaupten jedoch die WM-Archive und verweisen zum Beispiel auf das Turnier von 1986.

Damals traf in Monterrey/Mexiko eine von Franz Beckenbauer gecoachte Mannschaft auf Marokko. Damals aber konnten die Deutschen eine von den Medien als "mörderisch" bezeichnete Außentemperatur von 34 Grad als Entschuldigung für ihren Fehlstart anführen. Ähnlich wie zuletzt die aktuelle Elf, die im zweiten Gruppenspiel beim 2:2 gegen Ghana die klimatischen Verhältnisse in Fortaleza dafür verantwortlich machen konnte, dass sie anfangs in den Siesta-Modus verfallen war.

Porto Alegre aber liegt tief im Süden von Brasilien, dort war es Montagabend regnerisch und kalt. Ein Klima wie im deutschen Herbst - ideales Fußballwetter also. Und doch ging fast jeder Pass daneben, wurde der Spielball "Brazuca" auf Übelste misshandelt.

Wie die Geschichte damals in Monterrey ausging? In der 87. Minute rauschte ein Freistoß von Lothar Matthäus zum erlösenden 1:0 ins Netz. Es war eine Premiere, erstmals wurde in Mexiko die Turnierform des WM-Achtelfinales eingeführt, seither war es keine Strauchel-Hürde gewesen: sieben Spiele, sieben Siege. In der angenehmen Abendkühle von Porto Alegre ging es jetzt erstmals in eine Verlängerung.

Und wenn man eine Frage an Joachim Löw stellen müsste, dann die nach dem Warum? Warum fand diese begabte Elf wie schon gegen Ghana (2:2), gegen die USA (1:0) erst spät aus dem Siesta-Modus heraus ins Spiel? Warum wandelte sie so lange am Abgrund? Warum tauchten Algeriens Konterspitzen so oft solo vor Torwart Neuer auf, der den Libero alter Schule, den Beckenbauer, den Franz geben musste, um seine Elf überhaupt im Spiel zu halten? Gewiss, WM-Spiele sind oft zähe Geduldsspiele, aber Löws Auswahl trieb es in Porto Alegre auf die Spitze.

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Quelle:
SZ vom 01.07.2014
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