Süddeutsche Zeitung

Der Flügelflitzer: Sportfans:Konjunkturpaket III

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In Norwegen können Fans ihre Reise zu Sportveranstaltungen künftig von der Steuer absetzen. In Deutschland könnte man da auf ganz andere Ideen kommen.

Jürgen Schmieder

Eine Autofahrt von der norwegischen Hauptstadt Oslo ins tschechische Liberec ist traumhaft. Durch die Landschaft Bohuslän in Schweden am Gullmaren-Fjord vorbei, durchs historische Helsingborg, hinüber nach Dänemark, dann auf die Fähre nach Rostock, durch die malerischen Landschaften Mecklenburgs, Brandenburgs und Sachsens, bei Görlitz/Zgorzelec kurz nach Polen und dann hinunter in den Wintersportort Liberec. 16 Stunden dauert die Autofahrt über 1267,89 Kilometer. Fahrtkosten, Hotelzimmer, Eintrittskarten - es war teuer für die norwegischen Fans, wenn sie ihre Helden Ola Vigen Hattestad, Johan Kjolstadt und Petter Northug bei der Nordischen Ski-WM bewundern wollten.

Die norwegische Regierung hat deshalb angedacht, dass die Anhänger die Reisen zu Sportveranstaltungen künftig von der Steuer absetzen können. Der Präsident des Internationalen Skiverbandes, Gianfranco Kasper, bestätigte die Pläne: "Ich finde die Idee hervorragend, weil die Fans mit ihren Reisen ihre Heimatländer unterstützen. Das hilft dem Sport."

Es ist eine famose Idee, die auch in Deutschland Anklang finden dürfte, wo derzeit alles unterstützt und subventioniert wird, was nur kurz den Arm hebt. Die Regierung hat bestimmt bereits ein "Konjunkturpaket III" für Sportfans ausgearbeitet.

Zuerst wird die Pendlerpauschale für Fußballfans eingeführt. In einem Interview mit dem Spiegel gab Manager Uli Hoeneß kürzlich an, dass die Fans des FC Bayern durschnittlich aus 200 Kilometern Entfernung anreisen würden. Nach Abzug von 6900 Eintrittskarten für Gästefans sind das 62.100 Bayern-Anhänger. Pro Spiel wären das nach der üblichen Pauschale 63,34 Millionen Euro pro Bundesliga-Saison, die als Werbungskosten absetzbar wären.

Natürlich ist in diesem Konjunkturpaket auch staatliche Hilfe für in Not geratene Traditionsunternehmen enthalten. Waldhof Mannheim darf darauf hoffen, dass die Regierung die etwa 1,8 Millionen Euro Schulden übernimmt, die den Verein derzeit belasten. Die Fans von FC St. Pauli dürfen von nun an darauf zählen, dass sie den Kauf von "Retter"-Shirts steuerlich geltend machen dürfen.

Auch die Anhänger von Schalke 04 müssen sich nicht grämen und Manager Andreas Müller die Verantwortung für erfolglose Zukäufe zuschieben. Sie müssen die Transfers nicht durch erhöhte Eintrittspreise kompensieren, vielmehr darf der Verein die Kosten für Orlando Engelaar und Jefferson Farfan absetzen, weil sie unter das "Neuspieler-Gesetz" fallen - und so auf Rückerstattung der Transferausgaben von 15,5 Millionen Euro hoffen.

Eine besondere Form der Zuwendung allerdings erfahren die Fans des TSV 1860 München. Zum einen sind künftig sämtliche Wut-Therapien von der Steuer absetzbar, wenn sich ein 1860-Fan wieder einmal über Spieler, Trainer oder Verantwortliche ärgern muss. Und jeder Anhänger, der bereits mehr als neun Jahre Mitglied im Verein ist, bekommt von der Regierung 2500 Euro, wenn er sich bis zum 30. Mai einem anderen Verein anschließt.

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