Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Das trotzige IOC

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Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat den Ruf, unter allen sonderbaren Verbänden dieses Sport-Paralleluniversums der sonderbarste zu sein. Und dieser Tage beweist es mal wieder bestens, woher dieser Ruf kommt. Nach und nach bricht in immer mehr Teilen der Welt das öffentliche Leben zusammen, und auch der Sport stellt seinen Betrieb nahezu ein. Überall gibt es nur noch Notfall- und Krisenszenarien. Nur das IOC gibt sich unverdrossen, wenn es um seine Olympischen Sommerspiele in Tokio geht, die es so gerne vom 24. Juli bis zum 9. August dort austragen möchte.

"Wir arbeiten mit vollem Engagement auf den Erfolg der Olympischen Spiele mit der Eröffnungsfeier am 24. Juli hin", sagte IOC-Präsident Thomas Bach am Donnerstagabend in den ARD-Tagesthemen. Zwar verwies er darauf, dass es bei einer entsprechenden Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation zu einer Absage käme. Aber es war dann doch schräg, wie Bach da stand und kundtat: "Wir werden die Zeit nutzen, um diese Spiele zum Erfolg zu führen."

Ja, es gebe "ernsthafte Probleme" mit den Qualifikations-Wettbewerben, die zuletzt reihenweise verschoben werden mussten. Und, ja, man werde sehr flexibel sein und zu den üblichen zirka 11 000 Sportlern vielleicht zusätzliche Kontingente schaffen für weitere Teilnehmer. Mehr Athleten als sonst als Lösung der Corona-Krise - das klang natürlich auch ulkig in einer Zeit, in der beschworen wird, dass sich möglichst wenige Leute an einem Ort versammeln sollen.

Wenn sprichtwörtlich die ganze Welt zusammenkommt und dann wieder auseinandergeht

Realistischerweise ist es nicht vorstellbar, wie das klappen kann mit den Sommerspielen, die in gut 130 Tagen beginnen sollen, und schon gar nicht mit den erwarteten Zuschauerströmen. Bei den Olympischen Spielen kommt ja das Leitmotiv hinzu, dass sprichwörtlich die ganze Welt zusammenkommt und dann wieder auseinandergeht - ein besserer Virenbeschleuniger lässt sich gar nicht vorstellen.

Selbst der amerikanische Staatspräsident Donald Trump ließ schon durchblicken, dass eine Verlegung von Olympia seiner Meinung nach kaum noch zu vermeiden sei. Die Sommerspiele sollten "vielleicht" um ein Jahr verschoben werden, schlug er am Mittwoch vor. Das wäre zwar ein "Jammer", aber er ziehe eine Verschiebung doch "leeren Stadien" vor. Nach der Kritik von Japans Sportministerin Seiko Hashimoto und einem Telefonat mit Japans Premierminister Shinzo Abe revidierte sich Trump da zwar wieder: "Ich habe ihm gesagt, dass die olympischen Sportstätten fantastisch sind. Er hat einen unglaublichen Job gemacht." Aber in der Tendenz dürfte die ursprüngliche Aussage des US-Präsidenten durchaus die richtige gewesen sein.

Mit welchen Widrigkeiten das IOC derzeit zu kämpfen hat, zeigte sich gleich beim olympischen Fackellauf in Griechenland. Nur einen Tag nach seinem Start im antiken Olympia musste der Lauf am Freitag wegen zu großer Menschenmengen abgebrochen werden. Die Flamme soll nun planmäßig am 19. März in Tokio übergeben und der Fackellauf dann in Japan fortgesetzt werden. Bach und sein IOC täten gut daran, dies als warnendes Beispiel zu sehen, dass gerade nicht alles so klappt, wie sie es gerne hätten.

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SZ vom 14.03.2020 / SZ
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