Süddeutsche Zeitung

Schwimmen:"Erheblicher Reputationsschaden"

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Der Deutsche Schwimm-Verband einigt sich mit Lutz Buschkow auf einen Vergleich - und bedauert dessen Ansehensverlust. Ob der ehemalige Wassersprung-Bundestrainer vom Missbrauch Jan Hempels durch dessen Coach wusste, bleibt im Dunkeln.

Von Sebastian Winter

Eines kann man dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV) nun wahrlich nicht vorwerfen: dass er seine To-do-Liste vor Gericht - und die füllt einige Aktenordner - nicht akkurat abarbeiten würde. Nun ist wieder ein Häkchen gesetzt, verbunden mit der nächsten hohen Geldsumme, die der Verband zahlen muss: Im Rahmen des Arbeitsgerichtsprozesses mit dem langjährigen Wassersprung-Bundestrainer Lutz Buschkow einigten sich beide Seiten auf einen Vergleich. Dieser sieht vor, "dass das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung durch den DSV einvernehmlich beendet wird", hieß es am Donnerstag in einer Stellungnahme des DSV. Über die Summe machte der Verband keine Angaben, dem Vernehmen nach erhält Buschkow einen niedrigen sechsstelligen Betrag.

Buschkow war im August 2022 in Misskredit geraten, als der frühere Weltklasse-Wasserspringer Jan Hempel in der ARD-Dokumentation "Missbraucht - Sexualisierte Gewalt im deutschen Schwimmsport" seinen Trainer beschuldigt hatte, ihn mehr als ein Jahrzehnt lang viele Male sexuell missbraucht zu haben. Hempel nannte auch Buschkows Namen und sagte, dieser habe von den schlimmen Taten des Trainers gewusst, aber nichts unternommen. Daraufhin wurde Buschkow vom DSV zunächst freigestellt und im Oktober 2022 fristlos gekündigt. Buschkow beteuert, erst durch die Doku vom Missbrauch erfahren zu haben.

Die Veröffentlichung der Aufarbeitungskommission verzögert sich weiter - bis voraussichtlich September 2024

Wie der Verband nun mitteilte, hält der DSV an den bisherigen Gründen für die Kündigung Buschkows nicht mehr fest: "Das bezieht sich insbesondere auf den Vorwurf von Pflichtverletzungen durch Äußerungen und Erklärungen im Zusammenhang mit Untersuchungen betreffend den Vorwurf des Fehlverhaltens des Trainers Werner Langer gegenüber Jan Hempel. Der DSV bedauert sehr, dass die öffentlichen Berichterstattungen das Ansehen von Herrn Lutz Buschkow beschädigt und für ihn ein erheblicher Reputationsschaden mit negativen Auswirkungen auf sein Berufs- und Privatleben entstanden ist."

Die Frage, ob Buschkow - und andere hohe Funktionäre - tatsächlich Eingeweihte waren im Fall Hempel, bleibt damit auch weiterhin unbeantwortet. Hempel selbst erhält vom DSV Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 600 000 Euro, darauf hatten sich beide Seiten im Herbst geeinigt. Dem ehemaligen Leistungssport-Direktor Thomas Kurschilgen, der im Zuge einer anderen Missbrauchsaffäre eine fristlose Kündigung erhielt, zahlt der DSV eine ähnliche hohe Entschädigungssumme.

Möglicherweise bringt die Arbeit der externen Missbrauchs-Aufarbeitungskommission noch Licht ins Dunkel. Neben dem Fall Hempel untersucht sie seit März 2023 eine einstellige Zahl an weiteren Fällen. Doch die Veröffentlichung des Berichts, der im März 2024 vorliegen sollte, verzögert sich nun weiter - offenbar wegen der komplexen Anhörung von Betroffenen und Zeugen. "Die Vorstellung des Ergebnisses wird daher erst im September 2024 erfolgen können", teilt der DSV nun mit.

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