Süddeutsche Zeitung

FC Bayern in der Einzelkritik:Der Lückenfüller liefert ab

Lesezeit: 4 min

Eric Maxim Choupo-Moting macht Lewandowskis Ausfall verschmerzbar, Leroy Sané verpasst das Tor des Monats und Manuel Neuer wird zum Handwerker. Der FC Bayern gegen Leipzig in der Einzelkritik.

Von Sebastian Fischer

Manuel Neuer

Betätigte sich schon vor dem Anpfiff in vorbildlicher Weise als Wart seines Tores, als er ein Loch im Tornetz mit seinem Handtuch zuband. Die Schiedsrichter präferierten allerdings eine Lösung mit Kabelbinder. Danach sah er die Leipziger für einen Gegner des FC Bayern ungewöhnlich oft in seiner Nähe, zunächst in der ersten Hälfte noch eher ungefährlich, dann in der zweiten Halbzeit immer häufiger und gefährlicher. Doch er verteidigte sein Netz, sodass es beim 1:0-Sieg für den FC Bayern blieb.

Benjamin Pavard

Wenn man einen unauffälligsten Münchner in dieser Saison küren müsste, dann wäre es wohl der Rechtsverteidiger. Diesmal hatte er erst gar keine Gelegenheit für Offensivaktionen, gegen die früh pressenden Leipziger. Er musste sich aber bemühen, um nicht negativ aufzufallen, so viel, wie Leipzig über die Flügel kam. Pavard (im Bild links) hatte viel zu tun, stand bei manchem gegnerischen Angriff nicht am richtigen Platz, doch dass er kaum auffiel, war diesmal zu seinem Besten.

Niklas Süle

Wegen muskulärer Probleme konnte der Nationalspieler bei den letzten zwei der drei Länderspiele nicht dabei sein - und war darüber in der Retrospektive vielleicht gar nicht so unglücklich. War jedenfalls wieder fit genug, um den gesperrten Jérôme Boateng zu ersetzen. Musste das in ein paar anspruchsvollen Sprintduellen beweisen, aber das gelang ihm. Verdribbelte sich einmal beinahe im eigenen Strafraum, als er kurz zuvor umgeknickt war und Leipzig auf den Ausgleich drängte - aber auch das ging gut, wenn auch eher glücklich als souverän.

David Alaba

Es war ein entscheidendes Spiel für sein Vorhaben, sich im Sommer mit mindestens einem Titel aus München zu verabschieden. Es war auch ein Spiel gegen jenen Verteidiger, der als sein Nachfolger schon verpflichtet ist, den Leipziger Dayot Upamecano. Und es war ein anspruchsvolles Spiel für den Chef der Abwehr, die gegen variabel angreifende Leipziger so tief stand und so gefordert war wie lange nicht mehr. Doch Alabas Pässe kamen bis zum Schluss an, und seine Kommandos waren bis zum Schluss zu hören. Oft sagte er: "Gut so!"

Lucas Hernández

Stand jetzt in dieser Saison 13 Mal in der Startelf und blieb dabei ungeschlagen (elf Siege, zwei Remis). Nur 13 Einsätze von Beginn an, das heißt aber auch: Der 2019 noch 80 Millionen Euro teure Hernández ist der wohl teuerste Ergänzungsspieler der Welt. Seinen Einsatz als Linksverteidiger am Samstag bedingte einzig die Rot-Sperre von Alphonso Davies. Hernández wirkte ähnlich wie sein Kollege auf der rechten Seite von den Strapazen sehr gefordert, kämpfte sich aber brüllend und grätschend in die Begegnung, wie es zu diesem Abend passte, der für die Münchner ganz im Zeichen der Verteidigung stand.

Joshua Kimmich

Stand noch vor ein paar Tagen in Duisburg auf dem Platz, als Deutschland mit 1:2 gegen Nordmazedonien verlor. Doch Kimmich wäre nicht Kimmich, hätte man ihm das besonders deutlich angesehen - er sieht ja eigentlich immer aus, als stehe er unter Starkstrom. Sah nach einer halben Stunde Gelb, was man durchaus als Ausdruck eines umkämpften Spiels deuten konnte. Vor allem aber spielte er vor dem 1:0 einen seiner charakteristischen Chipbälle auf Torvorbereiter Thomas Müller. Und auch wenn er in der zweiten Halbzeit weiter seine Mühe mit Leipzigs Angriffen hatte, wird man nach dem Spiel sagen: Kimmich war zur Stelle, und er leitete das Tor des Abends ein.

Leon Goretzka

Auch Goretzka hätte theoretisch von einem schwachen Länderspiel geschwächt sein können, aber er pflügte von Beginn an derart über den Rasen, dass dieser Gedanke ausgesprochen gewagt erschien. Erzielte dann besagtes Tor des Tages mit einem fulminanten Schuss vom Strafraumrand. Musste aber anders als Kimmich nach 72 Minuten erschöpft vom Platz.

Thomas Müller

Machte wie immer sehr viel, lief und rief, das war keine Überraschung, das ist ja vielmehr kennzeichnend für seine überragende Saison. Machte aber auch immer mal wieder etwas falsch, kam hier mal im Pressing um Bruchteile zu spät und spielte dort mal einen falschen Pass, womit er auch dazu beitrug, dass München kaum an Spielkontrolle gewann. Doch dann bereitete er mit einem Haken und einem Pass das Tor vor, womit er wiederum dazu beitrug, dass die Münchner den verletzten Robert Lewandowski fürs Erste ersetzen konnten. Auch in der zweiten Halbzeit, als die Bayern kaum mehr angriffen, dann griffen sie wenn, dann über ihn an.

Kingsley Coman

Der Franzose fand nur beschwerlich in die Begegnung, hatte kaum Szenen, in denen seine Dribbelstärke und seine Schnelligkeit zur Geltung kamen, musste vielmehr beobachten, wie sich das Geschehen meist in Leipziger Ballbesitz abspielte. Blieb bis zu seiner Auswechslung nach 72 Minuten ohne Aktion und stand damit bisweilen für die in Spielanteilen gemessene Unterlegenheit der Münchner, insbesondere auf den Flügeln.

Leroy Sané

Hatte anders als Coman ein paar Aktionen, in denen er seine Technik zeigen konnte, etwa kurz vor der Halbzeit, als er den Ball nach einem Eckstoß mit links aus der Luft annahm und ebenfalls mit links aus der Luft draufschoss, es wäre fast das 2:0 geworden und dann vielleicht das Tor des Monats. Ihm, dem nächsten Länderspielreisenden in der Startelf, war aber auch Müdigkeit anzumerken.

Eric Maxim Choupo-Moting

Kam im vergangenen Oktober für die große, bestenfalls nicht benötigte Rolle, im äußersten Notfall Robert Lewandowski zu vertreten - und nun war es durch die Verletzung des Weltfußballers tatsächlich so weit. "Choupo hat 14 Tage Zeit gehabt, Kräfte zu sammeln", so erklärte Trainer Hansi Flick vor dem Spiel, warum er sich als vorderste Spitze für den Angreifer entschieden hatte, der nicht mit Kameruns Auswahl unterwegs gewesen war. Er ersetzte Lewandowski natürlich nicht, das geht wohl kaum. Er schuf aber Räume, gewann Zweikämpfe, beteiligte sich am Pressing und machte ein gutes Spiel, wenn er - ausschließlich in der ersten Hälfte - die Gelegenheit bekam, sich zu zeigen.

Einwechselspieler

Nach 72 Minuten kamen zunächst Serge Gnabry und Jamal Musiala, jeweils positionsgetreue Wechsel. Aber mehr über die Begegnung sagte es aus, dass nach 81 Minuten Javi Martinez für Leroy Sané spielen durfte - ein Verteidiger für einen Angreifer, ein Turm in der Schlacht für einen Dribbler. Und mit Martinez als wankendem Turm hielt die Münchner Mauer.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5254806
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.