Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Dortmund leistet Widerstand

Lesezeit: 3 min

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Die Tabellenführung war ohnehin nicht in Gefahr gewesen. Um den FC Bayern an der Tabellenspitze vorbeizulassen, hätte Borussia Dortmund mit sieben Toren gegen Bayer Leverkusen verlieren müssen. Undenkbar, selbst wenn Dortmund nicht in seiner leichtesten Saisonphase steckt. Nach fünf sieglosen Pflichtspielen aber gewannen die Dortmunder am Sonntag gegen Leverkusen und seinen Ex-BVB-Trainer Peter Bosz mit 3:2 (2:1) und parierten die Münchner Attacke vom Vortag. Es war ein unterhaltsames Spiel und spannend. Leverkusen versäumte es, den Rückstand auf die Champions-League-Plätze weiter zu verkürzen.

Beim BVB war Trainer Lucien Favre aufs Neue mit Gedanken beschäftigt gewesen, wie er die Lücke füllt, die der verletzte Marco Reus hinterlässt. Erstmals in der Startelf entschied sich Favre für Mario Götze und Paco Alcácer. Zuvor hatten die beiden sich in der Rolle des zentralen Stürmers abgewechselt, eine Position, die für den Spanier wie selbstverständlich ist, die für den eigentlich zentral-offensiven Mittelfeldspieler Götze aber gewöhnungsbedürftig war. Nur mit einer flexiblen Mittelstürmer-Interpretation hatte er sich sukzessive damit abgefunden und es immer besser gemacht. Offenbar hat er sich dadurch nun auch für die Reus-Position empfohlen.

Über jeden Zweifel erhaben sind schon die gesamte Saison über die jungen Spieler Kai Havertz, 19, bei Leverkusen und Jadon Sancho, 18, bei Dortmund. Havertz hat neun Saisontore erzielt, Sancho acht. Damit stehen sie bei den treffsichersten Spielern unter 20 Jahren in den fünf großen europäischen Ligen ganz vorne. Havertz spielte erstmals, seit Bosz das Traineramt übernommen hat, auf einer offensiven Flügelposition. Dort fehlte der verletzte Karim Bellarabi. Im Mittelfeld übernahm für Havertz der Österreicher Julian Baumgartlinger. In den ersten Minuten geschah etwas Merkwürdiges: Dortmund überließ Leverkusen den Ball - komplett. Es sah so aus, als hätte Favre ihnen gesagt: Lasst sie ruhig kommen! Umschaltspiel im eigenen Stadion ist etwas, das der BVB sonst kaum bekommt - und dann wusste man ja auch um die Abschlussschwäche, die Bayer am Donnerstag beim Europa-League-Aus gegen Krasnodar gezeigt hatte. Nach 20 Minuten hatte Leverkusen 69 Prozent Ballbesitz. Dortmunds Strategie wäre beinahe nach hinten losgegangen, als Schüsse von Sven Bender (20.) und Havertz (23.) das Tor nur um Zentimeter verfehlten.

Aber eben nur beinahe. Nach 28 Minuten machten die Borussen plötzlich Druck, als hätte Favre ihnen ein geheimes Zeichen gegeben. Sie kamen binnen drei Minuten zu drei Chancen, von denen die letzte der aufgerückte Innenverteidiger Dan-Axel Zagadou nach einer Ecke in der 30. Minute zum 1:0 nutzte. Vorne hui, hinten pfui - genau damit war er doch in Dortmund gescheitert, könnten BVB-Anhänger in diesem Moment über Leverkusens Coach Bosz gedacht haben.

Götze trifft entscheidend

Das Dortmunder Tor war endlich der Auftakt zu einem Spektakel, wie man es von einem Duell dieser Mannschaften wohl auch erwarten darf. Kevin Volland hatte in der 37. Minute per Flachschuss (inklusive Axel-Witsel-Tunnel) kaum zum 1:1 ausgeglichen, als Jadon Sancho eine hohe, weite Flanke von Abdou Diallo mit einer traumhaften Volleyabnahme nur eine Minute später zum 2:1 versenkte. Schon in den vorangegangenen vier Ligaduellen der beiden Teams waren im Schnitt fünf Tore pro Partie gefallen. Da hatte man natürlich einen Ruf zu verteidigen.

Doch wieder schalteten die Dortmunder zu Beginn der zweiten Halbzeit in den Sicherheitsmodus und ließen Bayer machen. Durch die gestiegene Leverkusener Risikobereitschaft ergaben sich aber frühere und bessere Kontermöglichkeiten. Mario Götze nutzte seine erste Torchance in der 60. Minute mit einem gefühlvollen und präzisen Flachschuss ins Eck. Erst kürzlich hatte der BVB-Chef Hans-Joachim Watzke gesagt, Götze sei auf einem guten Weg, dürfe aber ruhig noch häufiger treffen. Es war Götzes viertes Saisontor.

Die Leverkusener hatten durchaus noch ihre Chancen. Nachdem Dortmunds Torwart Roman Bürki Kopfbälle von Leon Bailey (66.) und Lucas Alario (72.) ansehnlich entschärft hatte, war er in der 75. Minute gegen den Kopfball von Jonathan Tah nach einem Freistoß machtlos. Leverkusen konnte anschließend immer noch weiter zulegen, spielte robuster, schneller und ohne Angst vor Kontern, so dass der Ausgleich gewissermaßen in der Luft lag. Dortmund rang um Entlastung und in fünf Minuten Nachspielzeit um den Schlusspfiff, und wurde schließlich erlöst. Es war eine hart erkämpfte Verteidigung der Tabellenführung - und ein Signal des Widerstands gen München.

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SZ vom 25.02.2019
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