Süddeutsche Zeitung

Beckenbauer bei der Fußball-EM:Er fehlt, der Wetterfranz

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Weshalb ist das Wetter bei der EM in Frankreich so schlecht? Ganz klar, weil Franz Beckenbauer fehlt.

Glosse von Holger Gertz

Man kann nicht sagen, dass der Funktionär Franz Beckenbauer der Fußballwelt besonders fehlen würde, auch ohne den Fernsehexperten Beckenbauer kann die Menschheit sicher ganz gut leben. Allerdings gibt es einen Teilbereich seines Schaffens, in dem Beckenbauer "diese Lücke, diese entsetzliche Lücke" (Joachim Meyerhoff) hinterlässt. Beckenbauer bleibt als Wettermacher unerreicht, wenn man in alten Zeitungen wühlt, wird berichtet, er habe für das fantastische Wetter beim Sommermärchen 2006 gesorgt. Die Angolaner und Togoer schwitzten in Deutschland, wie sie in Angola und Togo kaum je geschwitzt hatten, und der Löwe Goleo wünschte sich, er wäre nicht nur ohne Hose, sondern auch ohne Hemd rausgelassen worden.

In Frankreich regnet es, nicht durchgehend, aber es regnet doch sehr viel. Franz fehlt in France. Er war mal Trainer in Marseille. Er trug mal einen Kinnbart wie die weisen Alten der Bretagne. Er kann das Wetter lesen. In Lyon musste das Spiel Nordirland - Ukraine wegen Hagelschlags kurz unterbrochen werden. "Sometimes it snows in April" (Prince), sometimes hagelt's auch im Juni.

In Deutschland dagegen hatte der Oberorganisator Beckenbauer schon vor dem Turnier angekündigt: "Die Spieler werden ihre Badehosen einpacken müssen." Vor Südafrika 2010 sagte er: "Da musst schon lange Unterhosen mitnehmen."

Ist's die Aura

In beiden Fällen lag er so derartig richtig, dass es lohnen würden, eine "Intensivrecherche" (Alfred Draxler) in der Angelegenheit Beckenbauer/Wetter anzustellen. Wie erklärt sich Beckenbauers Einfluss? Hat er, der alles unterschrieben hat, irgendwas unterschrieben? Ist's die Aura? Hat er 2006 bei seinen Hubschrauberflügen für Klarheit gesorgt, obwohl oder weil er mal einen Gast (Alfred Draxler) an Bord hatte?

"Das ganze Land tanzt, das ganze Land hat sich das beste Kleid angezogen", sagte Franz im bullenwarmen Sommer 2006, während bei der EM 2016 die Schweizer gegen die Franzosen das schlechteste Kleid angezogen haben. Und das beste Kleid in Paris war zuletzt Regenmantel und Schirm. "Da darfst du den Parapluie nicht vergessen", hätte der Wettermacher Beckenbauer gesagt, wenn man ihn rechtzeitig gefragt hätte. Aber man hat ihn dieses Mal halt nicht gefragt.

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Quelle:
SZ vom 22.06.2016
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