Süddeutsche Zeitung

Basketball:Henne und Ei

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Die Nürnberg Falcons erhalten die Lizenz für die Bundesliga auch im zweiten Anlauf nicht. Die Stadt will den Bau einer neuen Halle erst starten, sobald die Teilnahme sicher ist.

Von Markus Schäflein

Die Nürnberg Falcons verbreiteten am Mittwoch in den sozialen Netzwerken wieder mal ein "Lizenz Update", allerdings war es leider wieder mal ein Update, das keine Veränderung beinhaltete: "Auch im zweiten Anlauf erhalten die Nürnberg Falcons keine Lizenz." Ralph Junge, Trainer und Sportleiter des überraschend in die Basketball-Bundesliga (BBL) aufgestiegenen Klubs, berichtete von der "ernüchternde Nachricht aus Köln", er sagte: "Nach all dem, was wir in den vergangenen Wochen auf die Beine gestellt haben, ist das ohne Frage eine große Enttäuschung. Knackpunkte sind die Fertigstellung des Hallenbaus und die damit verbundene Kalkulation der Zuschauereinnahmen." Jens Staudenmayer, der Kaufmännische und Sportliche Leiter der BBL, hatte den negativen Bescheid bereits mit einem süffisanten Unterton angedeutet: "Die Frage ist, ob das ständige Nachreichen von neuen Unterlagen dazu führt, dass der Ausschuss zu einem anderen Ergebnis kommt." Die Nürnberger können nun erneut das Schiedsgericht anrufen, um das ruhende Verfahren wieder aufzunehmen.

Die Falcons trugen ihre Heimspiele in der vergangenen Zweitliga-Saison im so genannten "Eventpalast" aus. Dabei handelt es sich streng genommen nicht um einen Palast, sondern um einen Zeltbau am Flughafen. "Egal, ob Sie ein atemberaubendes Business Event feiern wollen, eine spannende Fachmesse planen oder rauschende Partys und Konzerte veranstalten möchten - der Eventpalast bietet die perfekte Location", heißt es auf dessen Homepage. Nicht die perfekte Location ist er hingegen, um atemraubende Bundesliga-Spiele abzuhalten und rauschende Siege zu feiern - jedenfalls nicht aus Sicht der BBL. Maximal 1500 Menschen passen hinein, nur halb so viele wie gefordert.

Es gibt taugliche Hallen in Nürnberg, aber sowohl die Arena, in der die Ice Tigers in der Deutschen Eishockey-Liga und der HC Erlangen in der Handball-Bundesliga spielen, als auch die Frankenhalle sind ausgebucht. Die Stadt plant allerdings eine neue temporäre Stahlbauhalle auf einem bisherigen Vip-Parkplatz neben dem Max-Morlock-Stadion. Nicht nur für die Basketballer, auch sonst herrscht großer Bedarf.

"Ab dem Tag, an dem die Lizenz erteilt wird, kann das Ding in fünf Monaten stehen"

Allerdings hat der Bau noch nicht begonnen - die Stadt wartet auf die Lizenzerteilung, die BBL wiederum auf den Bau, und Junge muss sich die Frage nach Henne oder Ei stellen, die er nicht beantworten kann. "Wer den ersten Schritt macht, können wir nicht beeinflussen", sagt er: "Ab dem Tag, an dem die Lizenz erteilt wird, kann das Ding in fünf Monaten stehen." Man müsse jetzt also mit November rechnen, ohne die Verzögerungen bei der Lizenzerteilung hätte die Halle sogar schon zu Saisonbeginn fertig sein können. "Alle Pläne sind da, es sind sogar schon Materialien auf Lager", sagt Junge, "aber die schriftliche Zusage der Stadt Nürnberg reicht der BBL offensichtlich nicht aus."

Auch die Benennung der Arenen in Bamberg und Regensburg als Ausweichhallen half nichts. Von beiden Betreibern haben die Falcons die Zusage für die ganze Saison, die BBL argumentiert jedoch, dass der Klub dort kaum Publikum finden und somit seine kalkulierten Zuschauereinnahmen nicht erreichen würde. Das sieht Junge nicht so, insbesondere in Bamberg wären Derbys gegen den dortigen Klub, gegen Bayreuth, gegen Würzburg und auch gegen den FC Bayern München durchaus zuschauerträchtig. Die finanziellen Vorgaben, was Etat (drei Millionen Euro) und Eigenkapital (250 000 Euro) angeht, können die Falcons laut Junge jedenfalls erfüllen - und das, obwohl mit vielen potenziellen Sponsoren noch gar nicht über die Bundesliga gesprochen wird. "Ich kann ja mit größeren Unternehmen nicht über etwas verhandeln, das noch nicht gegeben ist", sagt er: "Wir fragen uns: Was reitet die BBL?" Das Verhalten sei "nicht nur unerklärlich, sondern fast ein bisschen dreist". Die Nürnberger werden nun mit ihren Sportrechtsanwälten Rücksprache halten, "und dann geht es wohl wieder vors Schiedsgericht". Die Spieler hängen derweil in der Luft, einige würden den Klub wohl verlassen, wenn es mit der Bundesliga nichts wird, einige aber auch gerade im Falle eines Aufstiegs, weil sie sich leistungsmäßig in der zweiten Liga ProA besser aufgehoben fühlen.

Junge gibt nicht auf, denn "man kann die Fakten ja nicht einfach übergehen". Er glaubt zudem, dass Nürnberg zur Strategie der BBL im Prinzip bestens passen würde: "Nürnberg ist ein hochinteressanter Standort und würde die Basketball-Landkarte mit einer weiteren Großstadt füllen."

Im Hintergrund aller BBL-Planungen steht aber auch der Wunsch der großen Klubs, die Liga mittelfristig zu verkleinern. Und zu dieser Verkleinerung könnte es nun schon kurzfristig kommen. "Sollte die Lizenzverweigerung letztinstanzlich bestätigt werden, hätte dies zur Folge, dass aktuell für die Saison 2019/2020 ein Platz unbesetzt ist", teilte die BBL in ihrer Stellungnahme mit: "Sofern der freie Teilnehmerplatz nicht noch im Rahmen eines Wildcardverfahrens vergeben wird, würde die Saison 2019/2020 mit 17 Mannschaften durchgeführt." Falls eine Wildcard zu haben ist, werden die Falcons wohl kaum Interesse anmelden. "Warum", fragt Junge, "sollten wir denn 750 000 Euro für etwas bezahlen, das wir auf sportlichem Wege erreicht haben?"

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Quelle:
SZ vom 21.06.2019
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