Süddeutsche Zeitung

Basketball-Bundesliga:Helfer in der Not

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Ursprünglich war Alex King, 34, beim FC Bayern nur als Ersatzmann vorgesehen. Doch beim Gipfeltreffen gegen Alba Berlin führt er sein Team an die Tabellenspitze.

Von Joachim Mölter, München

Es gibt Ereignisse, da schießt einem als Erstes in den Sinn: Ausgerechnet der! Und auch das Spitzenspiel der Basketball-Bundesliga (BBL) zwischen dem FC Bayern München und Alba Berlin war so eins, wo man nachher nicht umhin kam zu denken: Ausgerechnet Alex King!

Der Flügelspieler Alex King war der beste Mann auf dem Parkett gewesen beim 84:80 (41:38) der Münchner, mit dem sie am Sonntag die Tabellenführung von ihren Gästen übernahmen mit nun 12:0 Punkten. Ausgerechnet King, der einst Kapitän bei Alba Berlin gewesen war, bis er im Sommer 2016 nach München zurückkehrte. Ausgerechnet King, der als 15-Jähriger in der Jugend des FC Bayern das Basketballspielen gelernt hatte, ehe er durch die Republik tourte. Ausgerechnet King, der mittlerweile mit weitem Abstand die meisten Bundesligaspiele aller Profis in den Beinen hat, 562 seit Sonntag. Ausgerechnet King, der mit seinen 34 Jahren im Grunde nur noch dafür vorgesehen war, für ein paar Minuten Entlastung zu sorgen, falls mal Not am Mann sein sollte.

Nun herrscht bei den FC-Bayern-Basketballern freilich seit Saisonbeginn Not im Kader: Die Zugänge T.J. Bray (Fußoperation) und Josh Huestis (Knieprobleme) haben noch kein Pflichtspiel bestritten, der ebenfalls neu verpflichtete Mathias Lessort setzt schon seit einiger Zeit mit einer Bänderblessur aus, und seit voriger Woche fällt auch noch Nihad Djedovic wegen einer Kniereizung aus. Trotz der vier Ausfälle den Rivalen Alba Berlin bezwungen zu haben, sei eine "herausragende Leistung gewesen", fand FC-Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic. Er lobte dafür speziell die vermeintlichen Ersatzspieler, die alle zum Erfolg beigetragen hatten - DeMarcus Nelson, Diego Flaccadori, Leon Radosevic. "Vor allem Alex", hob Pesic hervor.

Alex King hatte nicht nur die meisten Punkte erzielt von allen Spielern (19), er hatte vor allem die wichtigsten Körbe geworfen. Zwei Dreier, mit denen er die Berliner wieder einfing, als diese in der Anfangsphase drohten, mit mehr als zehn Punkten Vorsprung davonzuziehen. Zwei Dreier in der Schlussphase, mit denen er seine Münchner auf mehr als zehn Punkte nach vorne brachte, wovon sie letztlich zehrten. Dazu zwei Rebounds da, drei Vorlagen dort, ein Ballgewinn zwischendurch sowie ein verhinderter Pass zu einem freistehenden Berliner - was zu tun war, hat Alex King getan.

"Er ist jeden Tag bereit, fürs Training und für die Spiele", sagt FC-Bayern-Coach Dejan Radonjic, der ansonsten ungern ein individuelles Lob verteilt. "So einen Spieler brauchst du, und von dieser Sorte Teamplayer gibt es nicht sehr viele", hatte Münchens Sportdirektor Daniele Baiesi bereits im Sommer erklärt, warum der Klub den ausgelaufenen Vertrag des 34-Jährigen verlängerte, sogar um drei Jahre. "Alex war in den vergangenen beiden Jahren immer da, wenn er gebraucht wurde. Und er ist außerdem jemand, der in der Umkleidekabine immens wichtig für die Atmosphäre eines Teams ist." Wie sehr die FC-Bayern-Basketballer Alex King schätzen, erkennt man auch daran, dass sie ihm während der Vertragslaufzeit auch den Wechsel ins Management ermöglichen.

In dieser Saison brauchen die Münchner Alex King freilich noch als Spieler. Weil der FC Bayern ja auch in der Euroleague aktiv ist und deshalb vermutlich mehr als 75 Partien in dieser Saison bestreiten muss, hat er seinen Kader qualitativ wie quantitativ verstärkt - aber wenn gleich vier Leute auf einmal ausfallen, wird das Personal eben selbst bei einer Spitzenmannschaft knapp. Diese Erfahrung haben am Sonntag im Übrigen auch die ebenfalls in der Euroleague beschäftigten Berliner gemacht, bei den kurzfristig Spielmacher Peyton Siva (Muskelverletzung) und Forward Tyler Cavanaugh (Sprunggelenk) ausgefallen waren; auf Marcus Eriksson und Stefan Peno müssen sie sowieso schon seit längerer Zeit verzichten. Der Berliner Jonas Mattisseck urteilte deshalb bei Magenta Sport nicht zu Unrecht über das Spitzenspiel: "Zwei Teams auf hohem Niveau, aber wegen der vielen verletzten Spieler noch nicht auf ihrem Höhepunkt. Beide werden im Lauf der Saison sicher noch stärker."

Wenn die verletzten Münchner zurückkommen, wird Alex King sicher ohne Murren wieder in die zweite oder dritte Reihe zurücktreten. Dass er tatsächlich ein Teamplayer ist, hat er ja nach dem Erfolg über Berlin bestätigt, als der Mann von Magentasport, der übertragenden Internetplattform, ihn fragte, was ihm an diesem Tag gefehlt habe? "Was uns gefehlt hat?", fragte King unsicher zurück. Nein, nein, beharrte der Reporter: Was ihm gefehlt habe. Und weil Alex King von selbst nicht draufkam, verriet es der Reporter: ein Punkt. Ein Punkt hatte dem Flügelspieler gefehlt, um seinen Karriere-Höchstwert von 20 Zählern einzustellen. Der war ihm vor fünf Jahren gelungen, damals noch im Trikot von Alba Berlin. Ausgerechnet Alba, möchte man da sagen.

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Quelle:
SZ vom 12.11.2019
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