Süddeutsche Zeitung

Basketball:Auf zwei Spuren

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Würzburg will in die Playoffs - und ins Europe-Cup-Halbfinale. Einige Spieler sind "seit Wochen im roten Bereich", sagt der Trainer.

Von Sebastian Leisgang

Natürlich ist ein Trainer nicht nur ein Trainer. Er sagt seinen Spielern nicht bloß, wann sie warum wohin laufen sollen und wann es eine gute Idee ist, einen Pass zu spielen. Ein Trainer belässt es nicht dabei, seiner Mannschaft bei einer Einheit am Vormittag ein paar Spielzüge vorzusagen, bevor er am Nachmittag zu Hause die Beine auf dem Sofa hochlegt und auf das nächste Spiel wartet. Ein Trainer ist auch: Führungskraft, Moderator, Psychologe.

Insofern war es nicht verwunderlich, dass Denis Wucherer, 45, wie ein Arzt im T-Shirt daherkam, als er am Montagabend nach dem 70:81 (31:42) gegen den FC Bayern im Besprechungsraum der Würzburger Halle stand und "viel Ruhe, viel Behandlung" empfahl. Wer die Augen schloss, konnte beinahe auf den Gedanken kommen, als spreche er über einen Patienten, der schon bessere Tage erlebt hatte. Dabei bezog sich Wucherer auf seine Mannschaft, die Würzburger Basketballer, die an diesem Mittwochabend im Viertelfinale des Europe Cups auf die Bakken Bears treffen - nicht mal 48 Stunden nach der Niederlage gegen die Bayern, bei der sie einen guten, nicht aber ihren besten Tag hatten.

Es ist eine rasante und deshalb auch interessante Reise, auf die sich die Würzburger da begeben haben. Sie sind zur selben Zeit auf zwei Spuren unterwegs und sichtlich bemüht, weder von der einen noch von der anderen abzukommen. Nur: Kann das gutgehen? Vor dieser Saison haben die Franken eine Wildcard erworben, um im Europe Cup mitmischen zu können, und in der Bundesliga sind sie nun mit zwölf Siegen und ebenso vielen Niederlagen Teil einer Gruppe, die nach derzeitigem Tabellenbild acht Mannschaften umfasst, von denen am Ende der Hauptrunde aber nur drei in die Playoffs kommen. Vor diesem Hintergrund haben sich die Würzburger mit ihrem Manöver sehenden Auges der Gefahr ausgesetzt, dass ihre Reise nicht nur als rasant, sondern am Saisonende auch als zu riskant einzustufen ist. Wucherer gibt zu: "Wir haben ein paar Jungs, die sich sowieso schon im roten Bereich bewegen - und das seit Wochen."

Grundsätzlich sehen sie es im Klub aber eher so: Wenn man schon mal im Viertelfinale ist, kann man sich auch ein bisschen Mühe geben, um erstmals überhaupt in einem internationalen Halbfinale vorbeizuschauen. Und am Anfang war der Europe Cup ohnehin eine gute Sache. Er bot dem Trainer und dem runderneuerten Kader die Möglichkeit, sich zügig zu finden. Und deshalb ist dieser Wettbewerb auch jetzt, bitteschön, als Chance zu begreifen.

Das Hinspiel bei den Bakken Bears hat Würzburg vor einer Woche übrigens 75:76 (46:40) verloren. Deshalb braucht es nun vor eigenem Publikum einen Sieg mit zwei Punkten Vorsprung. Wucherer weiß, dass es dazu unabdingbar ist, "mit ähnlich viel Energie zu Werke zu gehen" wie jüngst gegen den FC Bayern München. Die Frage ist bloß: Ist seine Mannschaft dazu noch imstande?

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Quelle:
SZ vom 27.03.2019
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