Süddeutsche Zeitung

Basketball:Alle drängen zum Gold

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Nicht nur der neue Weltmeister Spanien sieht bereits ungeduldig dem olympischen Turnier 2020 in Tokio entgegen - vor allem die USA will sich rehabilitieren.

Von Joachim Mölter, Peking/München

Beim nächsten Mal will Pau Gasol auch wieder mitspielen. "Wenn es mir die Gesundheit erlaubt, würde ich selbstverständlich gerne noch einmal mit der Mannschaft zusammen sein und mit ihr kämpfen", hat der spanische Basketballer dem Radiosender Cope gesagt nach der am Sonntag zu Ende gegangenen Weltmeisterschaft in China. Die hat der 39 Jahre alte Center wegen einer Fußverletzung verpasst, aber dass man in diesem Alter prinzipiell noch auf höchstem Niveau mitmischen kann, hat ja der gleichaltrige Argentinier Luis Scola gezeigt, der sein Team sogar noch ins Finale von Peking gebracht hat. Das verloren die Südamerikaner dann aber 75:95 gegen die von Marc Gasol und Ricky Rubio angeführten Spanier, und dieser Titelgewinn hat Pau Gasol offensichtlich Laune gemacht, bei nächster Gelegenheit wieder dabei zu sein.

Die nächste Gelegenheit ist bei Olympia 2020 in Tokio; für Pau, den älteren der Gasol-Brüder, wäre es die vierte Teilnahme an den Spielen, für Marc, den jüngeren, immerhin die dritte: Vor drei Jahren in Rio war es der 34-Jährige, der verletzt passen musste. Wenn man sich nun Pau Gasols Olympiabilanz anschaut, ahnt man, was ihn zum Weitermachen reizt, den zweimaligen NBA-Champion mit den Los Angeles Lakers und dreimaligen Europameister mit Spanien: 2008 in Peking holte er Silber, 2012 in London ebenfalls, 2016 in Rio gab es Bronze. Jedes Mal waren Gasol und seine Spanier an den USA gescheitert, immer etwas knapper, 107:118 im Endspiel von Peking, 100:107 in dem von London, 76:82 im Halbfinale von Rio. Und nach den Eindrücken dieser WM zu urteilen, sind die Amerikaner, Olympiasieger von 2008, 2012 und 2016, nächstes Jahr fällig.

Das US-Team war ja auch als Titelverteidiger nach China gereist und hatte dann mit Platz sieben die schlechteste WM-Platzierung für das Mutterland des Basketballs heimgebracht. Pau Gasols früherer Teamkollege Kobe Bryant, einer der Goldgewinner von 2008, bilanzierte bereits am Wochenende: "Es ist nicht so, dass der Rest der Welt aufholt auf die USA - das ist schon längst passiert. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo die USA halt manchmal gewinnt und manchmal verliert."

Dass bei den USA die besten Spieler aus diversen Gründen gefehlt hatten, ließ Cheftrainer Gregg Popovich jedenfalls nicht als Erklärung für das schwache Abschneiden gelten. "Heutzutage gibt es überall auf der Welt hervorragende Teams und hervorragende Coaches. Das sollte keinen überraschen", sagte er und gab gleich eine Gewinnwarnung aus für die erfolgsgewohnten Fans daheim: "Es ist nicht in Stein gemeißelt, dass die USA nur zu einer Meisterschaft spazieren braucht."

Weil sich die hochbezahlten amerikanischen NBA-Profis erfahrungsgemäß eher zum Dienst fürs Vaterland aufraffen können, wenn es um olympischen Ehren geht, rechnen sie in den USA trotzdem damit, dass nächstes Jahr ein besser besetztes Team in Tokio teilnimmt. Aber selbst dann "wird es kein Spaziergang", warnt auch Kobe Bryant: "Egal, was das für eine Mannschaft sein wird - es wird nicht einfach."

Es wird also ein interessantes Turnier in Tokio geben im nächsten Sommer. Die Spanier, jetzt zweimal Welt- und dreimal Europameister, wollen endlich auch Olympia-Gold gewinnen, die Amerikaner wollen sich rehabilitieren, die fünftplatzierten Serben auch, die als Olympia-, WM- und EM-Zweiter angereist und für viele Experten sogar Titelfavorit Nummer eins gewesen waren. Der unterlegene WM-Finalist Argentinien strebt weiter nach oben mit einer jungen Mannschaft, in der außer Luis Scola keiner jenseits der 30 war; die zum zweiten Mal als WM-Dritter abgereisten Franzosen drängen weiter nach vorne, ebenso wie die Australier, die endlich mal eine Medaille wollen, nachdem sie auch bei ihrer insgesamt 26. Olympia- und WM-Teilnahme nicht besser als Vierte waren.

Es wird ein Hauen und Stechen geben in Tokio, ein Dribbeln und Dunken, ein Werfen und Blocken vom Feinsten.

Ob die deutschen Basketballer dabei mitspielen dürfen, wird sich noch zeigen: Sie müssen im nächsten Juni mit Europameister Slowenien und anderen Basketball-Großmächten wie Kroatien, Griechenland, Russland, Litauen, Italien und die Türkei durch die letzte Qualifikationsmühle für Tokio. Nach dem enttäuschenden 18. Platz bei der WM in China wollen sich Bundestrainer Henrik Rödl und seine Auswahl dabei wenigstens ein bisschen rehabilitieren. "Wir alle haben riesig Lust, zu zeigen, dass wir richtig etwas reißen können", sagte Rödl am Sonntag während der Finalübertragung bei Magentasport: "Es nagt, dass es so lange dauert."

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SZ vom 17.09.2019
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