Süddeutsche Zeitung

Baseball:Starke gegen Schwache

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Die Südvereine der Baseball-Bundesliga haben ihren Betrieb aufgenommen - unter völlig ungleichen Voraussetzungen: Teams wie Regensburg können sich mit US-amerikanischen Profis verstärken, Amateurklubs wie Haar müssen derzeit auf Unterstützung aus Übersee verzichten.

Von Christoph Leischwitz

Nach allem, was die Scouts vorab so über den neuen Pitcher recherchiert hatten, ist Kaleb Bowman einer, "der wirklich alle Kriterien erfüllt", sagt Tom Bison. Also einer, der keine Schwächen besitzt. Das hatte der Trainer der Regensburg Legionäre unmittelbar vor dem Saisonstart gesagt. Bisher hat der 23-jährige Texaner auf dem Werferhügel auch nicht enttäuscht: Zweimal schon durfte Bowman für die Oberpfälzer als Pitcher ran, zweimal spielte die Abwehr dank ihm zu Null und konnte die Spiele aufgrund des klaren Vorsprungs sogar vorzeitig beenden. Wenngleich die Gegner, die Tübingen Hawks (18:0) und die Falcons Ulm (23:0), ohnehin als klare Außenseiter galten. "Wir sind auf jeden Fall zufrieden mit dem Start", sagt Regensburgs Vorstand Armin Zimmermann.

Fast scheint es, als seien die Ergebnisse allen Beteiligten auch gar nicht so wichtig - die Hauptsache ist im Jahr 2021 vor allem, dass die Baseball-Bundesliga überhaupt spielen kann. Die Nordstaffel befindet sich indes noch in der Winterpause; der Grund dafür sind unterschiedliche Bewertungen der Bundesländer, ob es sich bei der ersten Liga um professionellen Leistungssport handelt oder nicht. Im Süden fiel die Antwort mit einem Ja aus. In der Praxis liegt die Wahrheit ziemlich genau in der Mitte, auch im Wortsinn. Das haben auch die ersten Spieltage deutlich aufgezeigt.

Aktuell gibt es drei Mannschaften mit vier klaren Siegen und drei Mannschaften mit vier deutlichen Niederlagen, in der Mitte stehen mit Mainz und Mannheim zwei Traditionsteams mit zwei Siegen und zwei Niederlagen, die schon gegeneinander gespielt haben. Regensburg oder auch der aktuelle Titelverteidiger Heidenheim treten unter völlig anderen Bedingungen an als zum Beispiel die Haar Disciples aus dem Osten von München. Und es sind Spieler wie Bowman, die den Unterschied zwischen Profi- und Amateurklubs ausmachen. Für die Legionäre stellte es kein größeres Problem dar, den Amerikaner aus beruflichen Gründen einfliegen zu lassen. Die Disciples hingegen warten auf zwei US-Amerikaner, die nicht einreisen dürfen - weil sie für Haar eben nicht hauptberuflich Baseball spielen.

Es gibt deswegen allerdings kein großes Klagen. "Natürlich tut es mir ein bisschen leid, man will ja kompetitiv bleiben", sagt der Haarer Vorstand Todd Covell, selbst US-Amerikaner. Von einer Wettbewerbsverzerrung will er allerdings nicht sprechen. Dass überhaupt gespielt werden könne, das sei viel wichtiger. Und er sieht darin auch einen Vorteil, denn: "So lassen wir unsere jungen Spieler ran." Einige würden gar nicht oder seltener zum Einsatz kommen, wenn die Amerikaner da wären. So aber sammelten sie wertvolle Erfahrung gegen starke Gegner.

Ausrutscher gegen Außenseiter wird es höchstwahrscheinlich nicht geben

Ähnlich sieht das auch der Präsident in Regensburg. "Es ist jedem bewusst, dass es in diesem Jahr keine hundertprozentige Gleichbehandlung geben kann", sagt Armin Zimmermann. Die professionell geführten Regensburger hätten gleichzeitig ja auch enormen Aufwand zu betreiben, um Hygienekonzepte zu erfüllen. Der Aufwand ist schon allein deshalb größer als beispielsweise in Haar, weil die Legionäre auch noch ein Internat betreiben. Dort hat es auch schon zwei Coronafälle gegeben, innerhalb des Internats erfolgte keine Weiteransteckung.

Insgesamt herrscht zumindest in Bayern die Meinung vor, dass alle nur davon profitieren können, wenn die Starken gegen die Schwachen antreten. Wenn durch den Spielbetrieb die Niveau-Unterschiede sinken, glaubt Zimmermann, "trägt das zur Professionalisierung der gesamten Liga bei" - und diesen begrüßenswerten Prozess könne die Corona-Pandemie durchaus beschleunigen. Zimmermann erklärt, dass der Verband und die Vereine sich schon bald zusammensetzen werden, um die erste Liga in eine professionelle Gesellschaft auszugliedern. Geplant sei im Moment, im Jahr 2023 die erste Saison unter dem neuen Dach auszutragen.

Der aktuelle Kampf um die deutsche Meisterschaft freilich wird heuer ausschließlich in den Spitzenspielen entschieden, Ausrutscher gegen Außenseiter wird es höchstwahrscheinlich nicht geben, zumindest solange nicht weitere Amerikaner eintreffen. Die erste halbwegs ernsthafte Bewährungsprobe für Regensburg steht am kommenden Wochenende gegen Mannheim an, Anfang Mai warten dann die Duelle gegen Heidenheim. Wann der Norden ins Geschehen eingreift, und in welchem Modus dann gespielt wird, ist immer noch völlig offen.

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