Süddeutsche Zeitung

Abstiegskampf:Ruckeliger Lauf

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Beim 1:1 in Augsburg rettet Schalke 04 seine Rückrundenserie, und wieder ist Marius Bülter der entscheidende Mann. Allerdings offenbart der Klub im Überzahlspiel markante Schwächen.

Von Maik Rosner, Augsburg

Am Samstagabend folgte die nächste Erfolgsmeldung, obwohl weder der FC Schalke 04 noch sein Offensivspieler Marius Bülter gerade auf einem Fußballplatz ihren Lauf fortsetzen konnten. Ganz im Gegenteil sogar: Die Mannschaft befand sich auf der Rückreise nach Gelsenkirchen und Bülter auf dem Weg nach Mainz, um dort im ZDF-Sportstudio über die beiden bemerkenswerten Serien zu sprechen, die am Nachmittag durch das 1:1 (0:0) beim FC Augsburg fortgesetzt worden waren. Während der Anreise zum Fernsehstudio kam die Nachricht, dass Bülter zuletzt beim 2:1 gegen Stuttgart das Tor des Monats Februar gelungen war. Eine flache Hereingabe von Rodrigo Zalazar hatte er kunstvoll hinter dem Standbein mit der Innenseite seines rechten Fußes ins Netz gelenkt. Ein Hackentor par excellence.

Was drei Wochen zuvor mit eben jenem Tor des Monats für Bülter seinen Anfang genommen hatte, steuerte in Augsburg auf seinen vorläufigen Höhepunkt zu. Diesmal traf der 29-Jährige in der dritten Minute der Nachspielzeit per Foulelfmeter zum Ausgleich. Damit war ihm im vierten Spiel hintereinander ein Tor gelungen. Auch beim 2:0-Sieg in Bochum und beim 2:2 gegen Dortmund hatte er zuvor jeweils einen Treffer beigetragen.

Für Schalke war es in Augsburg sogar das achte Spiel nacheinander ohne Niederlage. Damit sind die Königsblauen in der Rückrunde noch unbesiegt, was sonst nur der BVB von sich behaupten kann. "Wir halten unsere Serie am laufen", sagte Bülter hinterher erleichtert und nahm Bezug auf den Wert des Remis: "Jeder Punkt ist für uns wichtig. Bei uns geht's um alles, da darf man sich keinen Fehlschuss erlauben." Insgesamt steht er nun bei sieben Bundesligatoren, womit er seine Saisonbestmarke eingestellt hat.

Es ist mit Bülter gerade wie in einer dieser Vorabendserien, in denen die Rollen klar verteilt sind und der Plot stets der gleiche ist. Nur mit dem Unterschied, dass Serienheld Bülter beim FC Schalke seine wichtigsten Beiträge zum Gesamtwerk nicht immer ganz so dramatisch am Ende eines Spiels leistet wie nun in Augsburg. Ob es sein bisher wichtigstes Tor gewesen sei, wurde er gefragt. "Die anderen waren auch nicht unwichtig", antwortete Bülter mit einem Grinsen. Sein Trainer Thomas Reis sagte, er sei "sehr froh, dass wir noch was mitgenommen haben". Der Punkt sei "Gold wert".

Augsburg hatte das Geschehen zunächst bestimmt und war nach einem missratenen Befreiungsschlag von Schalkes Torwart Ralf Fährmann durch Arne Maier in Führung gegangen (51.). Doch zwei Minuten später sah sein Teamkollege Ermedin Demirovic wegen eines groben Foulspiels die rote Karte, nachdem er Tom Krauß versehentlich mit seinem hochgestreckten rechten Fuß im Gesicht getroffen hatte. Durch die Unterzahl war die Überlegenheit der Augsburger dahin. Nun prägte Schalke das Spiel. Allerdings zeigte sich die spielerische Unbeholfenheit der Gäste in Überzahl und im Rückstand besonders deutlich. Viele Offensivaktionen versiegten in der Augsburger Defensive. Oder die Schalker beendeten ihre Angriffsversuche gleich selbst, indem sie den Ball unbedrängt ins Aus passten oder ungenaue Flanken schlugen. (Manche Beobachter zählten über 40 Flanken - nicht eine sorgte für echte Gefahr.)

"Gefühlt ist für uns jedes Spiel ein Endspiel", sagt Serientorschütze Bülter, "da tut es jetzt auch mal gut, ein bisschen abzuschalten."

"Die rote Karte hat uns sehr geholfen, die Spielkontrolle anzunehmen. Aber wir haben es sehr, sehr schlecht gelöst", kritisierte Reis, "wenn keine Flanken kommen, kannst du auch acht Stürmer reinstellen." Zu diesem Befund kam auch Bülter. "Wir haben viele Flanken gebracht, aber von denen ist kaum eine angekommen. Das darf einfach nicht sein", sagte er bei Sky, "wir hatten am Ende sogar zwei Stürmer vorne drin, dann müssen die Flanken einfach kommen."

Obwohl seine Serie ebenso eine Fortsetzung gefunden hatte wie die der Schalker, ist Bülter froh, dass er nun durchschnaufen kann, weil die Bundesliga wegen der Länderspiele eine Pause einlegt. "Gefühlt ist für uns jedes Spiel ein Endspiel. Gerade auf Schalke ist der Druck nicht wenig", sagte Bülter, "dann tut es jetzt auch mal gut, ein bisschen abzuschalten." Auf Abstiegsplatz 17 steht Schalke, hat aber nur ein paar Tore Rückstand auf Hertha BSC auf dem Relegationsrang. Und auch der rettende Platz 15 ist nur einen Punkt entfernt. "Wir sind dran", sagte Bülter, "das ist absolut machbar." Zumindest in einer Vorabendserie wären der Held und der Plot damit vorhersehbar.

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