Süddeutsche Zeitung

1860 und der FC Bayern:"Das muss man genießen - sonst sind wir ja immer die Opfer"

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Die Blauen weiter, die Roten raus - verkehrte Welt in München. Punk-Sänger und Löwen-Fan Tom Fock über Schadenfreude und darüber, ob er nicht doch dem möglichen Pokal-Derby in Giesing nachtrauert.

Interview von Markus Schäflein

Tom Fock ist Sechzig-Fan und Leadsänger der Punkband Lustfinger, die den Stadionklassiker "Löwenmut" geschaffen hat und am 20. November ihren neuen Fansong "Ich werd' dich niemals vergessen" veröffentlicht. Ein Gespräch über eine ganz besondere Fußballwoche.

SZ: Herr Fock, Sechzig gegen Schalke 1:0, Bayern gegen Gladbach 0:5 - welches Spiel war schöner?

Tom Fock: Natürlich das von Sechzig - aber ich muss zugeben, dass mich das Spiel von gestern auch auf eine gewisse Weise erfreut hat (lacht). Meine Vermutung ist ja: Die Bayern haben gemerkt, dass wir weitergekommen sind und sensationell gespielt haben. Und dann haben sie Angst vor einem Auswärtsspiel in Giesing gehabt und sich gesagt: Bevor wir uns diese Schmach antun, scheiden wir lieber gegen einen Bundesligisten aus.

Klingt plausibel. Aber gleich mit 0:5?

Das war natürlich ein bisschen übertrieben. Ich glaube, da hat ein Spieler in der Innenverteidigung von Bayern die Abmachung nicht so ganz verstanden.

Die Roten raus, die Blauen noch dabei - das gab es im DFB-Pokal seit 21 Jahren nicht mehr. Haben Sie die Bayern-Fans in Ihrem Freundeskreis schon angemessen verspottet? Beziehungsweise: Haben Sie überhaupt Bayern-Fans im Freundeskreis?

Ja, habe ich natürlich. Wir behandeln uns, bis auf ein paar Ausnahmen, relativ friedlich. Aber ich bin schon schadenfroh, wenn Bayern so ein Ausrutscher passiert. Ich bin zwar schmerzfrei, wenn ich aufgezogen werde. Aber: Sonst sind wir ja immer die Opfer, jetzt geht's mal in die andere Richtung, das muss man dann schon richtig genießen.

Bei aller Schadenfreude - ist es nicht auch schade, dass es jetzt nicht mehr zum Derby kommen kann?

In gewisser Art und Weise schon. Es wäre spannend gewesen, zu sehen, wie das in Giesing gelaufen wäre. Auf die Spielweise von Sechzig muss man sich ja erst mal einstellen (lacht). Das hätte einen Überraschungseffekt geben können. Es hätte auch 5:0 für uns ausgehen können.

... wenn die Wampe von Giesing gegen Upamecano ins Rollen gekommen wäre...

Richtig. Und mit der Stimmung hätten die Bayern ja auch erst mal zurechtkommen müssen. Die haben ja nur ihr kleines Grüppchen in der Kurve, das hüpft und singt, und die anderen essen ihre Austern.

In Ihrem Klassiker "Löwenmut", der bei den Heimspielen immer läuft, heißt es über den TSV 1860: "Es war vor gar nicht langer Zeit, da warst du ganz oben, es war eine Freude." Sechzig hat sich allerdings ganz gut in der dritten Liga und im Grünwalder Stadion eingerichtet. Macht so eine Woche nicht Lust, mal wieder größeren Erfolg zu haben?

Natürlich, das Streben nach Erfolg muss ja da sein. Aber man muss immer die Realität sehen und nicht sagen: "Jetzt kaff ma uns an Brasilianer."

Noch ein Textausschnitt: "Was heute schwer ist, wird morgen gut, denn wir, wir haben den Löwenmut." Mit Verlaub, das ist doch ein leeres Versprechen.

Naja, stimmt schon: Es wird nicht immer alles gleich morgen gut. Aber manchmal passiert schon auch was Gutes.

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