Süddeutsche Zeitung

Sprachlabor (289):Ja zur Schalte

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Wortbildungen mit dem Suffix -e haben eine lange Tradition. So gibt es die Kippe, Frage, Hetze und jetzt eben auch die Lache, Denke - und Schalte.

Von Hermann Unterstöger

KURSE IN GRAMMATIK empfiehlt Leserin B. der Redaktion. Anlass ist die Verwendung des Superlativs "am öftesten" in einer Reportage. Die deutsche Grammatik ist aber ausgerechnet in diesem Punkt widersprüchlich. Einerseits kann man lesen, dass das Adverb oft unregelmäßig zu steigern sei: oft, öfter, am häufigsten. Andererseits wird gesagt, dass oft, öfter, am öftesten sehr wohl möglich sei, und wieder andere Autoren lassen beide Superlative gelten: am häufigsten und am öftesten. Bei Kant findet sich für die von Frau B. gerügte Form folgender Beleg: "Regeln . . ., die im Durchschnitte am öftesten zutreffen". Für die Steigerung von oft fehlt so eine Regel noch.

DIE NÄCHSTE FRAGE geben wir an die Spezialisten weiter. Unsere Leserin P. studiert gern den städtischen Bestattungsplan, in dem sie auf die Berufsbezeichnung "Einrieserin" stieß. Weder alte Lexika noch das Internet geben dazu Brauchbares her. Einzige Fundstelle war eine Liste von Berufsbezeichnungen (weiblich), in der auch die Einrieserin vermerkt war, und zwar unter der "BKZ.-Nr." 5229. Weitere Erklärungen fehlten, weswegen wir uns ebenfalls damit begnügen, noch ein paar Frauenberufe aus dieser Liste anzuführen: die Abbollerin, die Aufnaglerin, die Fadnerin, die Holztoffelschnitzerin, die Krempelausstoßerin und die Mundharmonikazusammensetzerin.

DIE "TELEFONSCHALTE" hat Leser B. derart mitgenommen, dass er zur "Rette des Wortes Schaltung" aufruft. So löblich das angesichts alberner Neologismen ist, so wenig sollte man vergessen, dass die Wortbildung mit dem Suffix "-e" auf eine solide Tradition zurückblicken kann. Die Lehrbücher belegen das mit Wörtern wie Kippe, Leuchte, Bleiche, Frage, Hetze, Rinne und Wiege, wozu sich auch neuere Derivate gesellen, etwa die unterschiedlich anerkannten Substantive Lache und Denke. Die Schalte steht als Jargonwort zwar schon im Duden, doch sollte man bei ihrer "Verwende" (Herr B.) Zurückhalte walten lassen.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2015
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