Süddeutsche Zeitung

Tourismus in Ägypten:"Diese Reisewarnung ist Gift"

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Ägypten braucht Urlauber, mehr als zehn Prozent der Arbeitnehmer leben vom Tourismus. Aber nach den gewaltsamen Protesten und dem jüngsten Militärputsch sind viele Reisende verunsichert. Zu Unrecht, sagt der ägyptische Tourismusminister. Im SZ-Interview kritisiert er auch die deutsche Regierung.

Von Tomas Avenarius, Kairo

Das Ferienparadies Ägypten in der Krise: Seit der Revolution von 2011 und dem Sturz von Machthaber Hosni Mubarak ist das Geschäft eingebrochen. Proteste, Unruhen, Tote, dazu Militärherrschaft, das Regime der Islamisten, jetzt ein erneuter Militärputsch: Der Tourismusminister Hisham Zaazou hat eine Aufgabe, die eigentlich eine "mission impossible" ist. Optimistisch ist der Ägypter dennoch.

SZ: Das Auswärtige Amt verschärft seine Reisewarnung. Es mahnt deutsche Urlauber selbst in den Urlaubsorten am Roten Meer zu erhöhter Vorsicht - und rät damit unausgesprochen von jedem Ägypten-Urlaub ab.

Hisham Zaazou: Das schmerzt uns sehr. Die Deutschen sind sehr wichtig für Ägypten, sie sind die zweitgrößte Besuchergruppe. Die Behörden haben die Fernsehbilder von den Auseinandersetzungen nach dem Machtwechsel gesehen und gewarnt. Das war falsch. Das werde ich dem deutschen Botschafter und dem Außenminister so auch sagen: Sie sollen diese Reisewarnung zurückziehen.

Trotz täglicher Gewalt in Kairo, der kritischen Lage im ganzen Land?

Fahren Sie nach Hurghada oder Scharm el-Scheich. Sie werden sich sicher fühlen. Gouverneure und Sicherheitskräfte garantieren mir, dass entlang der Küste des Roten Meeres keine Gefahr besteht. Die Russen, unsere zahlenmäßig größte Kundengruppe, gehen praktischer vor: Sie haben eigene Sicherheitsexperten geschickt. Die sagen, Hurghada und Scharm seien risikofrei. Ich werde die Deutschen bitten, die Lage ebenfalls selbst zu prüfen. Wirklich - diese Reisewarnung ist Gift für Ägypten.

Was ist mit Luxor und Assuan, zwei der beliebtesten Reiseziele?

Es gab ein paar Fälle von Gewalt zwischen den Religionsgruppen. Aber ich verspreche, auch das ist bald vorüber.

Ägypten-Urlaub ist derzeit aber Ramschware, gut für Last-Minute-Angebote. Droht der Abstieg zum Billigst-Tourismusland?

In Zeiten der Krise geht die Besucherzahl zurück, sinken die Preise. Qualität und billig - das geht nicht zusammen. Jetzt stabilisiert sich das Land. Wir müssen neue Nachfrage schaffen, dann gehen die Preise wieder hoch.

Warum ist Tourismus so wichtig für Ägypten?

Bei uns leben vier Millionen Arbeitskräfte davon, das sind 13 Prozent der Arbeitnehmer. Dazu das Begleitgeschäft, die Souvenirverkäufer, Postkartenhändler, Kamelführer. Und 70 Industriezweige: Lebensmittel für Hotels, das Baugeschäft, die Teppichindustrie. Tourismus ist ein Multiplikator. Für Ägypten ist er der Gaul, der den Karren zieht und die Devisen bringt.

Das ausführliche Interview mit Hisham Zaazou lesen Sie in der Süddeutschen Zeitung vom 25. Juli 2013

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Quelle:
SZ vom 25.07.2013
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