Süddeutsche Zeitung

Italien:Im Haus von Opa Anton

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Das Hotel Autentic Adler in Südtirol wird von einer Metzger-Familie geführt. Angefangen hat alles mit dem Großvater, der 1954 den Hanserhof kaufte.

Von Helmut Luther

Bevor es beim Speck-Workshop in der Metzgerei Steiner zur Diplomverleihung und der anschließenden Verkostung kommt, müssen die Teilnehmer auf einem Schneidebrett ein Stück Südtiroler Bauernspeck fachgerecht in hauchdünne Scheiben schneiden. Dabei passiert, was Karin Steiner ahnte: Die meisten trennen das Weiße, Fette mit der Schwarte als vermeintlichen Abfall vom roten Muskelfleisch ab. Ein Fehler. Etwa ein Drittel vom echten Bauernspeck sollte aus Weißem bestehen.

"Fett ist ein Geschmacksträger. Ohne Weißes ist Speck wie eine Frau ohne Kurven", sagt Karin Steiner, Speckexpertin und Hotelkauffrau. So wie sie führen auch die Geschwister Hanna, Florian und Toni in dritter Generation das Autentic-AdlerHotel im Ort Rasen in Südtirol in beruflicher Doppelexistenz: als Hotelier und Metzger.

Angefangen hat alles mit Opa Anton, der 1954 den Hanserhof am Eingang des Antholzertales gekauft und in ein Hotel mit Metzgerei umgebaut hat. Aus den ursprünglich zwölf Zimmern entstand eine Vier-Sterne-Unterkunft mit 70 Betten. Im Untergeschoss ist das Geschäft. Praktischerweise, denn so kommen die Antipasti für das Büfett und das Fleisch für das Abendessen frisch von dort. Schwimmbad und Wellnessbereich befinden sich im ersten Stock. "Das Autentic im Namen steht für Bodenständigkeit", erklärt Toni Steiner, zusammen mit seiner Frau Cornelia Steiner ist er für das Hotel zuständig. Die Gäste logieren in schlichten hellen, mit viel Holz eingerichteten Zimmern. Durch das Panoramafenster fällt der Blick auf die weißen Schlangenlinien der Skipisten am wenige Kilometer entfernten Kronplatz.

Unmittelbar gegenüber sind die Pfarrkirche und der Friedhof. An der Fassade des Leitgebhofs gleich darunter prangt die Jahreszahl 1596. Vom Landleben zeugt ein Misthaufen, jetzt weiß überpudert, wie die Dächer, Wälder und Wiesen rundherum. Seit ein paar Jahren ist das Autentic Adler Mitglied der Vereinigung Wanderhotels, Chef Toni begleitet die Gäste bei gemeinsamen Ausflügen. Etliche Almen haben auch im Winter geöffnet. Etwa die Enzianhütte, die man nach einem kurzen Spaziergang vom zugefrorenen Antholzer See aus erreicht. Hinunter wird gerodelt. Über verschneite, von kahlen Laubbäumen flankierte Wiesen mäandern Loipen Richtung Langlauf- und Biathlonzentrum im etwa zehn Kilometer entfernten Antholz. Vom 12. bis 23. Februar 2020 wird dort die Biathlonweltmeisterschaft ausgetragen. Für Laien gibt es Schnupperkurse.

Gemütlicher ist es, in dicke Wolldecken gehüllt von zwei braunen Norikerstuten entlang dem dunkel dahinplätschernden Antholzerbach kutschiert zu werden, die runden Steine am Rand tragen glitzernde Eiskappen. Vorne auf dem Bock sitzt schweigend Hansjörg Steidl, ein Bauer aus dem Ort, bei dem das Hotel Kutschfahrten für die Gäste bestellt. Nur einmal dreht er sich um, zeigt nach oben und fragt mit einem breiten Grinsen: "Das ist mein Bauernhof. Wisst ihr vielleicht, warum ich von hier fortgehen sollte?"

Doppelzimmer mit Halbpension und Frühstück im Zirmzimmer ab 190 Euro, hotel-adler.it

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Quelle:
SZ vom 24.12.2019
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