Süddeutsche Zeitung

Rom:Nase ab in 30 Sekunden

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Angeschlagene Statuen von Berühmtheiten, mit Graffiti beschmierte Denkmäler: Vandalen wüten in Rom. Nun sollen ehemalige Häftlinge helfen, die Kulturgüter zu retten.

Unbekannte hatten Anfang Juli auf der Scala Santa, der "Heiligen Stiege", die wichtiger Anlaufpunkt katholischer Pilger aus aller Welt ist, Graffiti mit gegen den Papst gerichteten Botschaften hinterlassen. Im besonders von Vandalismus betroffenen Pincio-Park, der im 19. Jahrhundert errichtet wurde und Statuen berühmter italienischer Persönlichkeiten beherbergt, seien allein im Mai und Juni 13 Nasen von Büsten abgeschlagen worden, berichtet Alessandro Cremona, Chefrestaurator der römischen Stadthalle. Vier weitere Statuen seien zu Boden geworfen worden.

Außerdem seien noch drei Büsten auf der Promenade oberhalb des Hügels "Gianicolo" beschädigt worden, hieß es weiter. Ein größeres Aufgebot an Streifen- und Zivilpolizisten und die Installation von Videoüberwachungskameras sollen künftig Akte der Zerstörungswut vermeiden helfen. Aber nicht nur die anhaltende Randale macht den Behörden zu schaffen.

Die wachsende Umweltverschmutzung, die fortschreitende Verwahrlosung und die chronisch klammen Kassen kommen erschwerend hinzu. "Nun müssen wir auch noch Zehntausende Euro dafür ausgeben, um diese Dummheiten zu beseitigen", sagt sagt Umberto Broccoli, Roms oberster Denkmalbeauftragter. Behörden zufolge kostet es rund 800 Euro, die Nasen von Statuen zu restaurieren, die Kosten für umgeworfene Büsten schlagen mit rund 1500 Euro zu Buche. Und gerade die Tatsache, dass es in der italienischen Hauptstadt eine überaus große Zahl an Sehenswürdigkeiten gibt, stellt die Verantwortlichen beim Kampf gegen die mutwillige Zerstörungswut vor besondere Herausforderungen.

"Man bräuchte eine Armee von 20 Millionen Menschen - und zwar rund um die Uhr, sagt Daniel Berger, der das italienische Kulturministerium in Denkmalfragen berät. Um der Lage Herr zu werden, ist das Amt, das für die Sauberkeit in Rom zuständig ist, deshalb eine eher ungewöhnliche Allianz mit Gefängnisbehörden eingegangen.

Ehemalige Häftlinge oder zu Bewährungsstrafen verurteilte Straftäter sollen dabei helfen, verschmierte Denkmäler zu reinigen. Die Aktion soll in den kommenden Monaten beginnen, wie die Behörden mitteilten. Für den Pincio-Park, der eine atemberaubende Aussicht auf die Altstadt Roms bietet und bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebt ist, wurde ein sechsköpfiges Polizeiteam abgestellt, das das Gelände rund um die Uhr bewacht.

In der Nacht errichten die Carabinieri im Haupteingang des Parks eine Straßensperre, um alkoholisierte Jugendliche zu kontrollieren. Die Maßnahmen trügen schon erste Früchte, teilten die Behörden mit. So gingen den Ermittlern mit Hilfe von Überwachungskameras schon einige Vandalen ins Netz.

Trotzdem dauere es nur 30 Sekunden, um ein Denkmal zu beschädigen, sagt der Denkmalbeauftragte Broccoli. So hält die Zerstörungswut weiter an. Betroffen sind nicht nur Parkanlagen: Im Juni schüttete ein Unbekannter rote Farbe in den berühmten Trevi-Brunnen, Vorbild war offenbar eine ähnliche Tat im Oktober 2007. "Wo du auch bist, es gibt immer etwas, das geschützt werden muss," sagt der Polizist Ciro Aquino.

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