Süddeutsche Zeitung

Neue DFB-Zentrale:Alles für den Fußball

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Nach langer Verzögerung und vielen Auseinandersetzungen: Nun kann der DFB mit dem Bau seines neuen Verbandssitzes beginnen.

Von Johannes Aumüller

Ein paar wenige Überbleibsel gibt es, die an den langjährigen Nutzer dieses Areals erinnern. Das Eingangstor steht noch, ein denkmal-geschütztes Gebäude. Die Kassenhäuschen waren da mal untergebracht, und an den Fensterscheiben hängen weiter die Listen mit den Eintrittspreisen für den Renntag. Und an einer Stelle der langen Einzäunung, die um das Gelände herum verläuft, ist ein altes Tor zu finden. Der Klassiker "Einfahrt bitte freihalten" ist dort in Großbuchstaben zu lesen, und darunter steht: "Renn-Klub Frankfurt".

Aber alles andere ist weg, die Tribüne, die Ställe, das Vereinsheim, alles, was irgendwie an den Pferdesport erinnern könnte. Stattdessen sieht das 15 Hektar große Gelände in Frankfurt-Niederrad verlassen und verwahrlost aus. An manchen Stellen ist schon in die Erde gegraben worden, wie ein Vorbote für die großen baulichen Aktivitäten, die demnächst anstehen.

150 Jahre lang war dieses Areal eine Galopprennbahn. Im April übergibt die Stadt Frankfurt das Gelände dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), der dort in den nächsten Jahren seine neue Verbandszentrale bauen will, seine sogenannte Akademie. Der Kampf der Pferde-Lobby gegen die Umwidmung war vergeblich, der Galopprennsport in Frankfurt ist damit Geschichte, denn eine neue Bahn gibt es natürlich nicht. Und so ist das nun das vorläufige Ende einer ungewöhnlichen Auseinandersetzung, die viele Fragen aufwarf.

Ziemlich genau fünf Jahre ist es her, dass die Stadt dem DFB das Gelände offerierte. Frankfurt versteht sich bekanntlich als Sportstadt, von der "Hauptstadt des deutschen Sports" sprechen die Verantwortlichen gerne, und an der Spitze des Sports steht nun mal der Fußball. Entsprechend machten die Vertreter der Stadt nie einen Hehl daraus, den DFB unbedingt halten zu wollen, als dieser vor ein paar Jahren signalisierte, dass ihm sein bisheriges Heim in der Otto-Fleck-Schneise zu klein sei. "Wir haben für den Finanzplatz die Europäische Zentralbank, die hat europaweit Ausstrahlung. Ich bin überzeugt, dass der DFB für den Sport das ist, was für den Finanzstandort die EZB ist", so sieht das der Sportdezernent Markus Frank (CDU).

Nur gibt es in Frankfurt auch viele Menschen, die den Verband nicht ganz so euphorisch sehen. Und so wurde es nichts mit dem Plan des DFB, 2016 mit dem Neubau zu beginnen und 2018 umzuziehen. Stattdessen setzte heftiger Widerstand ein. Von Beginn an gab es einen gut organisierten Protest, später kam es zu einem Bürgerbegehren, in dem die Akademiegegner zwar die Mehrheit hatten, aber das notwendige Quorum unter den Wahlberechtigten verfehlten. Der bisher letzte Renntag fand zwar schon 2015 statt, aber dafür machte der Renn-Klub vor den Gerichten weiter: Insgesamt 18 Verfahren strengte er an, die die Stadt allesamt gewann - das letzte davon im Januar, als die Justiz der Stadt recht gab und den Rennverein anwies, das sogenannte Sarotti-Häuschen zu räumen, das sich noch mitten auf dem Rennbahngelände befand. "Es war wichtig, dass wir auch in den Tiefen durchgehalten haben", sagt Sportdezernent Frank. Die Pferdefraktion hingegen findet, dass die Stadt völlig unnötig und mit zweifelhaften Methoden eine lange Sporttradition getilgt habe.

Es ist kaum noch möglich, alle Argumente nachzuzeichnen, die im Laufe der Jahre von Seiten des Renn-Klubs aufkamen. Ein paar sehr gute waren darunter, aber auch ein paar seltsame Manöver. Doch insbesondere bei einem Punkt gibt es bis heute weit über die Pferdefraktion hinaus viel Kritik: bei den finanziellen Aspekten des Deals.

Eine ziemlich komplizierte Konstellation rund um die Miet- und Nutzungsrechte des Geländes hatte es gegeben, und es hat die Stadt einiges gekostet, das Areal freizuräumen: Sie erwarb für drei Millionen Euro die Anteile an der sogenannten Hippodrom GmbH, dem Betreiber der Rennbahn, damit sie dem Rennklub überhaupt kündigen konnte; zirka 2,5 Millionen Euro erhielten die Golfer, die in der Mitte des Areals ihre Bahnen zu spielen pflegten; und der Abriss von Tribünen und anderem war auch noch zu finanzieren, um dem DFB das Gelände in der gewünschten bebaungstauglichen Form zu übergeben.

Zugleich aber machte die Stadt dem DFB ein sehr attraktives Angebot: Insgesamt nur 6,8 Millionen Euro muss der Verband für die nächsten 99 Jahre an Erbpacht bezahlen, das ist ob der Lage und der Größe des Areals ein riesiges Schnäppchen. Die Stadt verteidigte den Preis stets mit Verweis auf den Bodenrichtwert für Sportstättennutzung. Dabei ist die neue Zentrale ja keine reine Sportstätte, sondern auch die Heimat der Administration; sogar die nicht gemeinnützigen Tochtergesellschaften des DFB ziehen mit ein. Aber CDU-Stadtrat Frank sieht den Vorwurf, man habe das Gelände zu billig hergegeben, durch die Justiz als widerlegt an.

Jetzt kann also der DFB anfangen, das Areal nach seinen Wünschen zu gestalten. In der vergangenen Woche unterzeichnete er den Vertrag mit einem Generalunternehmer. Der Verband versteht den Bau als "Jahrhundertprojekt". Büros für die Verwaltung sowie Trainingsplätze und -hallen für die Nationalteams sollen dort entstehen, und zudem soll die Akademie ein Zentrum für wissenschaftliches Arbeiten rund um den Fußball sein. In jedem Fall wird es ziemlich teuer: Vor fünf Jahren war noch von knapp 90 Millionen Euro die Rede. Inzwischen sind 150 Millionen Euro veranschlagt. Im Herbst soll die Grundsteinlegung erfolgen, im Jahr 2021 der Umzug.

"Ich glaube, wenn Sie in einigen Jahren da vorbeispazieren, werden Sie denken, dass es sich gelohnt hat", sagt Sportdezernent Frank. Es ist nur die Frage, wie viele Frankfurter tatsächlich zu einem solchen Schluss kommen werden.

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Quelle:
SZ vom 14.03.2019
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