Süddeutsche Zeitung

Gastronomie:Kellerbier mit Kamera

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Gaststätten müssen geschlossen bleiben? Dann kommt die Bierprobe eben ins Wohnzimmer.

Von Monika Maier-Albang

Nun gut, man muss schon so drauflos quatschen können wie die beiden Jungs in den Ohrensesseln: Sie philosophieren über "Frau Grubers Helles", erklären den Nordlichtern, warum ein Andechser Doppelbock auf einer Radtour im Hochsommer vielleicht nicht die beste Idee ist, er aber jetzt perfekt im Kaminzimmer zum Wildgulasch passt. Sogar die Vorzüge der Dose (kommt kein Licht ans Bier) finden Eingang in den Dialog. Ab und an werden die Fragen der Zuhörer beantwortet, dann witzeln sich die Männer vor der Kamera weiter zum nächsten Kellerbier.

140 Biersorten werden in normalen Zeiten in der Alten Posthalterei in Lingen an der Ems ausgeschenkt. Schon beim ersten Lockdown hat Betreiber Markus Quadt das Geschäft zu den Kunden nach Hause verlagert, in Form einer "digitalen Bierprobe". Bis zu 1900 Teilnehmer nahmen im Frühjahr daran teil - "weltrekordverdächtig", sagt der Gastronom.

Nun, im "Lockdown light", haben sie die Liveübertragungen wieder aufgenommen. Und man arbeitet sich langsam an die Zuschauerzahlen vom Frühjahr heran. Getrunken und gefachsimpelt wird Samstags um 20.15 Uhr, "zur besten Fernsehzeit", wie Quadt sagt. Die Gäste, die sonst in der Stube der Alten Posthalterei sitzen würden, bestellen die Bierkiste ("Kreativer Achter") vorab zu sich nach Hause. Oder holen sie in Lingen ab.

Am Abend dann trinkt man gemeinsam und somit nicht einsam, während die Sendung per Facebook und Instagram live übertragen wird. Die Situation, sagt Quadt in einem Video, das er aufgenommen hat, als er die Gaststätte erneut schließen musste, "ist, wie sie ist, aber wir werden nicht gucken, dass wir Kohle vom Staat kriegen, sondern Gas geben". Darauf einen Bierlikör. Demnächst gibt es übrigens zur Abwechslung ein Gin-Tasting.

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Quelle:
SZ vom 19.11.2020
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