Süddeutsche Zeitung

Emilia-Romagna:Wie Picasso und Matisse nach Faenza kamen

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In Faenza hat Keramik eine jahrhundertelange Tradition. Bis heute gibt es hier zahlreiche Werkstätten sowie eines der weltweit wichtigsten Keramikmuseen.

Von Johanna Pfund

Faenza liegt etwas vergessen an der Via Emilia auf halber Strecke zwischen Rimini und Bologna. Mit dem Vergessen aber würde man Faenza Unrecht tun. In der Stadt befindet sich eines der weltweit wichtigsten Keramikmuseen, das MIC. Denn Jahrhunderte lang florierten hier dank der Tongruben in der Umgebung die Keramikwerkstätten. Faenza wurde zum Symbol für die Majolika-Technik und der Name stand Pate für den französischen Ausdruck für Keramikkunst, Fayence.

1908 legte Gaetano Ballardini mit einer Stiftung den Grundstein für das Internationale Keramikmuseum (MIC) im einstigen Kloster San Maglorio, inklusive Bibliothek und Schule. Seit 1938 veranstaltet das MIC im zweijährigen Rhythmus einen Wettbewerb der Keramikkunst, in dessen Rahmen der Faenza-Preis verliehen wird - und im Zuge dessen die etwa 50 000 Werke umfassende Sammlung erweitert wird. Die Sammlung erzählt die Geschichte der Keramik, etruskische Stücke finden sich ebenso wie chinesische Vasen, präkolumbianische Kunst aus Mittel- und Südamerika oder Teller aus der Renaissance. Ein Coup gelang dem damals schon betagten Gründer Ballardini nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Museum war durch Kämpfe schwer in Mitleidenschaft gezogen worden; er schrieb an Künstler in aller Welt mit der Bitte, Werke zu spenden. Dieser Bitte folgten Pablo Picasso und Henri Matisse. Auch Werke von Chagall hat das MIC diesem Appell zu verdanken.

Die Keramikkunst wird bis heute gepflegt, um die 40 Betriebe gibt es in der Stadt. Mirta Morigi zum Beispiel ist Faenza pur: Sie lernte hier und gründete 1963 im Alter von 21 Jahren ihre Werkstatt. Über ihre Tassen und Vasen huschen Eidechsen, Frösche, Geckos, erhabene Pünktchen geben ihrem Geschirr eine eigene Haptik. "Dekoration ist wichtig in Italien", sagt sie. Aber ihre Werke verkauft sie auch nach Australien, China, oder Korea. Ein Erfolg, vielleicht auch eine Folge dessen, dass die Zahl der Werkstätten schrumpft. "Die Welt der Keramik ist klein geworden", sagt Morigi. So rückt man zusammen. ( www.micfaenza.org; www.mirtamorigi.it)

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Quelle:
SZ vom 30.12.2020
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