Selbstversorger

Wie die Hühnerhaltung im eigenen Garten gelingt

Hühner zwischen Gemüsebeeten, das gehört zum Idealbild eines malerischen Landlebens. Worauf man achten sollte, welche Rassen es gibt und wie man ausprobieren kann, ob man zum Freizeitfarmer taugt.

5. April 2024 - 4 Min. Lesezeit

Die Tiere

92 Millionen Hühner werden in Deutschland nach Angaben des Tierschutzbundes jedes Jahr für die Fleischindustrie gemästet, dazu kommen 43 Millionen Legehennen. Ein Huhn kann man schon für fünf bis zehn Euro kaufen, eigentlich viel zu wenig für ein Lebewesen, dem der Mensch so viel zu verdanken hat. Wahre Hühnerfans, von denen es zum Glück immer mehr gibt, wertschätzen das Haushuhn (Gallus gallus domesticus), indem sie es artgerecht halten, genügend Freilauf zum Picken und Scharren gewähren und es nicht nach 30 bis 40 Tagen schlachten wie in der Massentierhaltung. Hühner können bei guter Behandlung bis zu zehn Jahre alt werden, sie erkennen Personen und haben ein faszinierendes Sozialverhalten. Das Bankivahuhn gilt als Stammvater unseres Haushuhns, dessen Domestizierung vor fast 8000 Jahren begann, wie Knochenfunde aus der Jungsteinzeit belegen. Heute gibt es 180 anerkannte Rassen, von zierlichen Seiden-Zwerghühnern bis zu Turbo-Hybriden, die mehr als 300 Eier pro Jahr legen. Manche Hühnerfreunde züchten besonders schöne Tiere wie Haubenhühner oder Sultanhühner, um mit ihnen bei Wettbewerben anzutreten. Als teuerstes Huhn der Welt gilt das indonesische Ayam-Cemani-Huhn, dessen Fleisch schwarz ist, ausgewachsene Vögel kosten bis zu 2000 Euro. Für Anfänger geeignet sind robuste Rassen wie Sundheimer, Vorwerk oder Sussex. Wer Hühner vor allem als Haustiere und nicht primär für die Eier und das Fleisch halten will, sondern um glückliches Gackern im Garten zu hören, fängt am besten klein an: mit einer Schar Zwerghühner, etwa Zwerg-Seidenhuhn, Chabo und Zwerg-Araucana.

Der Klassiker

Für die einen ist jedes Gegacker Krach, für die anderen klingen Hühnergeräusche wie Musik. Der beste gefiederte Freund des Menschen nahm von Anfang an auch einen kulturellen Ehrenplatz ein: Das Huhn stolziert wie ein eitler Gockel durch die Kunstgeschichte, von Dürers Hahn über Picassos „Le Coq“, schwungvoll aufs Blatt geworfen, bis zum „Cosmopolitan Chicken Project“ des belgischen Künstlers Koen van Mechelen. Die Fotografen Matteo Tranchellini und Moreno Monti setzten dem Huhn vor einigen Jahren ein ästhetisches Denkmal, indem sie besonders prächtige Exemplare wie Models inszeniert haben. Der Bildband ist inzwischen fast schon ein Klassiker und heißt, ohne großes Federlesen, „Hühner“. Auch als Kunstkartenbox mit 24 Postkarten beim Verlag teNeues erhältlich.

Der Stall

Hühner sind hip: Die Anzahl der privaten Geflügelhalter ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Während der Pandemie entwickelte sich das Haushuhn – ähnlich war es beim Brotbacken – zu einem Experimentierfeld für eine neue Form von Bodenständigkeit. Dabei kann allerdings auch einiges schiefgehen, vor allem für die Hühner. Theoretisch lässt sich auch in einem Hinterhof in Prenzlauer Berg Geflügel züchten, wenn man einige wichtige Punkte beachtet. Erster Grundsatz: Hühner brauchen Platz! Als Faustregel für die Stallgröße gilt: Pro Quadratmeter können maximal drei durchschnittlich große Hühner angeschafft werden, zusätzlich sollte man pro Tier möglichst eine Freifläche von etwa zehn Quadratmetern einkalkulieren. Der Stall muss gesichert sein gegen Füchse, Marder und andere Hühnerdiebe, er muss sauber gehalten und regelmäßig desinfiziert werden, damit sich keine Milben und andere Schädlinge festsetzen können. Und man muss sich täglich um Futter, Einstreu und Wasser für die Tiere kümmern. Für Einsteiger geeignet sind leicht abwaschbare mobile Hühnerställe aus Kunststoff und Metall, etwa der Eglu Cube von Omlet mit dazu passendem Auslauf.

Das Ei

Wieso haben Hühnereier verschiedene Farben? Die Antwort, dass weiße Hühner weiße Eier und braune Hühner braune Eier legen, ist nicht ganz korrekt. Die Farbe hängt von den Genen der jeweiligen Hühnerrasse ab. Drüsen im Legedarm produzieren den roten Blutfarbstoff Hämoglobin, der zusammen mit einem Gallen-Farbstoff für die bräunliche Farbe eines Eis verantwortlich ist. Wenn eine Rasse über diese Farbstoffe nicht verfügt, bleibt das Ei weiß. Braune Eier sind übrigens nicht gesünder als weiße, und auch der Geschmack hängt vom Futter und der Haltungsform ab, nicht von der Farbe. Ähnliches gilt für Grünleger wie die aus Südamerika stammenden Araucana-Hühner: Sie legen grüne Eier, die sich geschmacklich kaum von herkömmlichen Eiern unterscheiden.

Der Test

Der Fischhändler Verleihnix sagt es in den Asterix-Heften immer wieder: „Ich verleihe keine Fische!“ Bei Federvieh ist die Haltung auf Probe aber eine Option: Für Unentschlossene gibt es die Möglichkeit, eine kleine Hühnerschar für einige Wochen oder Monate inklusive mobilem Stall zu mieten. Der bayerische Anbieter „Handle my hendl“ etwa verspricht „Entschleunigung, Stressabbau und Abwechslung“ durch Miethühner. Die Firma liefert vier Legehennen inklusive Stall, Freilauf und Anleitung, dann können Hobby-Hühnerfarmer für einen Zeitraum von mindestens drei Wochen ausprobieren, ob sie es schaffen, mit einem Huhn auf Du und Du zu sein.

Text: Titus Arnu; Bildredaktion: Claudia Eggl; Art Direction: Christian Tönsmann