

Eine Stunde ließen die deutschen Basketballer das Publikum am Dienstag warten bei ihrer Willkommensparty – aber ihre Verspätung war keine böse Absicht, sondern eher einer kleinen Panne geschuldet, die auch irgendwie dazugehörte an diesem Spätsommermorgen. Das Schöne an solchen Anlässen ist ja, dass sie nicht minutiös durchchoreografiert sind, sondern Platz lassen für Ungeplantes. Nachdem die Weltmeister also mit ihrem Linienflug aus Manila über Dubai zurückgekehrt und um 8.14 Uhr in Frankfurt gelandet waren, 36 Minuten verfrüht, verzögerte sich die Weiterreise in die Innenstadt – weil der Pokal noch durch den Zoll musste. Durchschmuggeln, wie manch Fußballfunktionär früher seine Rolex-Uhr? Darauf kam allein schon wegen der Größe der Trophäe niemand.

Ein paar Maskottchen und Musik aus den Boxen unterhielten die rund 1500 Feierbereiten vor der Konzernzentrale des Hauptsponsors bis zur Ankunft ihrer Helden. Um 10.30 Uhr erschienen sie dann, alle außer Daniel Theis, der bereits zu seiner Familie in die USA geflogen war und dem die Mannschaft ein „Wir vermissen dich“ durchs Mikrofon hinterherrief:
Vielleicht geht es genau darum in diesen Tagen: den Randsport Basketball, der er in Deutschland noch immer ist, angesichts des bislang größten Erfolges zum Leuchten zu bringen – nicht nur durch den WM-Titel, sondern in nachhaltiger Form. Allein der Ort, an dem sich die DBB-Auswahl ihren Anhängern präsentierte, sagt viel aus über den Stellenwert des Sports. Die deutsche Mannschaft hatte ja nicht etwa auf den Frankfurter Römer geladen, oft Empfangsstätte für solche Anlässe, oder gar ans Brandenburger Tor und an die Straße Unter den Linden in Berlin, der Fußball-Weltmeister-Meile von 2014.
Nein, die Hochhausschlucht der Sponsor-Konzernzentrale an der Theodor-Heuss-Allee 2, drei Kilometer westlich vom Römer, passte ganz gut zum Ist-Zustand des deutschen Basketballs – und in die hiesige Sportlandschaft, die allzu oft hinter dem Fußball auf den Nebenplätzen stattfindet, auch in medialer Hinsicht.
Warum beispielsweise die öffentlich-rechtlichen Sender erst das WM-Finale der Deutschen gegen Serbien live übertrugen, bleibt ihr Geheimnis. Die TV-Quote von 4,6 Millionen Zuschauern, die fast an jene für Hansi Flicks letztes Länderspiel als Bundestrainer gegen Japan heranreichte, sollte die Sender darin bestärken, ihren Auftrag auch abseits des Fußballs zu erfüllen.
Neben Bundesinnenministerin Nancy Faeser schwärmte auch Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef auf der Bühne von der deutschen Basketball-Nationalmannschaft. Er zeigte durchaus Expertise, erzählte, dass er mit dem quasi unschlagbaren US-amerikanischen Dream Team um Michael Jordan sozialisiert worden sei und den WM-Halbfinalsieg der Deutschen gegen die USA daher kaum für möglich erachtet habe. Josef schloss mit dem Satz: „Vielen Dank dafür, dass Sportdeutschland wieder stolz auf den Sport in Deutschland sein kann.“ Andere Frankfurter Oberbürgermeister haben sich da schon schlechter angestellt, siehe Peter Feldmann, der den Fußballer von Eintracht Frankfurt einst auf dem Römer den Europa-League-Pokal klaute, Spielernamen falsch aussprach und sich weitere Peinlichkeiten erlaubte – es war der Anfang seines unwürdigen Endes im Amt.
Die richtigen Worte wählen, gerade im Angesicht des größten Triumphs: Darum geht es bei einer solchen Willkommensfeier auch, zumal es am Dienstag auch eine Abschiedsfeier war. Weil sich nun alle Profis zu ihren Vereinen begeben, nach Berlin, München, Mailand – und in die NBA. Die deutschen Basketballer haben es geschafft, in der Nische des Hauptsponsor-Hochhauses keine Gaucho-Lieder zu trällern, sie kühlten das lange wartende Publikum lieber mit Sektduschen.
Nicht mal die Hälfte trug die sonst üblichen Sonnenbrillen, um den Jetlag und Party-Nachwirkungen zu verdecken. Und ihr Trainer Gordon Herbert vergoss bei seiner Ansprache Tränen der Rührung. „Das ist das beste Team, das Deutschland je gesehen hat“, brachte er noch hervor.
Dieses Team hat seinen wichtigsten Auftrag erfüllt, für Schröder und Co. geht es nun darum, die Form bis zu den Olympischen Spielen in Paris zu wahren. Die Welle weiter reiten, den Sport in Schulen und Vereinen noch mehr implementieren – das müssen nun andere erledigen.