Ukraine

Wo die Front verläuft – Tag 800

Ein ukrainischer General warnt vor der russischen Offensive und an der Front im Donbass wächst der Druck auf die Verteidiger. Wie hat sich die Lage entwickelt? Der Überblick in Karten.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren
3. Mai 2024

3. Mai

Aktuelle Lage an Tag 800

Die Lage an der Front im Donbass ist weiterhin kritisch. In einem Interview mit dem britischen Economist warnt Wadym Skibizkyj, der stellvertretende Chef des ukrainischen Geheimdienstes, eindringlich vor der russischen Offensive, die er für „Ende Mai oder Anfang Juni“ erwartet. Russland habe in der Ukraine mehr als eine halbe Million Soldaten im Einsatz, an der Grenze stünden noch einmal 35 000 bereit und diese Zahl würde wahrscheinlich noch größer werden. Der ukrainische General erwartet, neben den Angriffen im Donbass, einen erneuten Vorstoß auf die Regionen Charkiw und Sumy im Norden des Landes.

Die russischen Kräfte seien zwar nach wie vor nicht ausreichend, um eine Großstadt wie Charkiw einzunehmen. Bedrohlich ist die Situation dennoch. Skibizkyj gibt auch eine größere Einordnung des gesamten Krieges: Selbst wenn es der ukrainischen Armee gelingen sollte, die russischen Angreifer aus ihrem Land zu vertreiben, wäre der Krieg laut Skibizkyj nicht vorüber. Beendet werden könne er nur durch ein Abkommen. Mit dem Beginn ernsthafter Verhandlungen rechnet der General allerdings nicht vor der zweiten Hälfte des Jahres 2025. Bis dahin ginge es vor allem darum, dass sich beide Seiten in eine möglichst gute Lage für Verhandlungen bringen.

Für Russland scheint es derzeit vor allem darum zu gehen, nach mehr als zwei Jahren Krieg endlich eines der selbstgesetzten Ziele zu erreichen, die Einnahme des Donbass. An mehreren Stellen der Front versuchen die russischen Truppen teilweise in großer Zahl, weiter vorzustoßen. Bei der strategisch bedeutenden Stadt Tschassiw Jar sollen die russischen Angreifer versuchen, von Norden und Süden her in die Stadt einzudringen. Der direkte Weg wird ihnen durch einen Kanal versperrt, der allerdings an manchen Stellen unterirdisch verläuft.

Laut General Skibizkyj ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis die Stadt eingenommen wird. Das hätte allerdings weitreichende Folgen für die Region, da von der erhöhten Position Tschassiw Jars aus eine ganze Reihe weiterer Orte im Donbass gefährdet wären. Womöglich rechnet die ukrainische Führung also bereits damit, weiteres Territorium aufgeben zu müssen. Am Wochenende mussten sich ukrainische Truppen bereits weiter südlich aus mehreren Orten zurückziehen. Bei Otscheretyne, wo russische Streitkräfte die ukrainischen Verteidigungslinien durchbrochen hatten, rücken die Angreifer langsam weiter vor. Russland wirft laut Skibizkyj derzeit „alles“ in diese Bresche.

Von anderen Bereichen der Front im Norden und Süden werden vor allem Stellungsgefechte gemeldet. Bei russischen Angriffen auf bei Kupjansk, auf Charkiw und andere Orte in der Nähe der Front sind laut ukrainischen Berichten mindestens sechs Menschen getötet und 13 verletzt worden. Das russische Militär behauptet, in der Nacht mehrere ukrainische Drohnen über der Region Belgorod und der besetzten Halbinsel Krim abgefangen zu haben. Text: Nicolas Freund; Karte: Michael Mainka

3. Mai

Aktuelle Lage an Tag 800

Die Lage an der Front im Donbass ist weiterhin kritisch. In einem Interview mit dem britischen Economist warnt Wadym Skibizkyj, der stellvertretende Chef des ukrainischen Geheimdienstes, eindringlich vor der russischen Offensive, die er für „Ende Mai oder Anfang Juni“ erwartet. Russland habe in der Ukraine mehr als eine halbe Million Soldaten im Einsatz, an der Grenze stünden noch einmal 35 000 bereit und diese Zahl würde wahrscheinlich noch größer werden. Der ukrainische General erwartet, neben den Angriffen im Donbass, einen erneuten Vorstoß auf die Regionen Charkiw und Sumy im Norden des Landes.

Die russischen Kräfte seien zwar nach wie vor nicht ausreichend, um eine Großstadt wie Charkiw einzunehmen. Bedrohlich ist die Situation dennoch. Skibizkyj gibt auch eine größere Einordnung des gesamten Krieges: Selbst wenn es der ukrainischen Armee gelingen sollte, die russischen Angreifer aus ihrem Land zu vertreiben, wäre der Krieg laut Skibizkyj nicht vorüber. Beendet werden könne er nur durch ein Abkommen. Mit dem Beginn ernsthafter Verhandlungen rechnet der General allerdings nicht vor der zweiten Hälfte des Jahres 2025. Bis dahin ginge es vor allem darum, dass sich beide Seiten in eine möglichst gute Lage für Verhandlungen bringen.

Für Russland scheint es derzeit vor allem darum zu gehen, nach mehr als zwei Jahren Krieg endlich eines der selbstgesetzten Ziele zu erreichen, die Einnahme des Donbass. An mehreren Stellen der Front versuchen die russischen Truppen teilweise in großer Zahl, weiter vorzustoßen. Bei der strategisch bedeutenden Stadt Tschassiw Jar sollen die russischen Angreifer versuchen, von Norden und Süden her in die Stadt einzudringen. Der direkte Weg wird ihnen durch einen Kanal versperrt, der allerdings an manchen Stellen unterirdisch verläuft.

Laut General Skibizkyj ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis die Stadt eingenommen wird. Das hätte allerdings weitreichende Folgen für die Region, da von der erhöhten Position Tschassiw Jars aus eine ganze Reihe weiterer Orte im Donbass gefährdet wären. Womöglich rechnet die ukrainische Führung also bereits damit, weiteres Territorium aufgeben zu müssen. Am Wochenende mussten sich ukrainische Truppen bereits weiter südlich aus mehreren Orten zurückziehen. Bei Otscheretyne, wo russische Streitkräfte die ukrainischen Verteidigungslinien durchbrochen hatten, rücken die Angreifer langsam weiter vor. Russland wirft laut Skibizkyj derzeit „alles“ in diese Bresche.

Von anderen Bereichen der Front im Norden und Süden werden vor allem Stellungsgefechte gemeldet. Bei russischen Angriffen auf bei Kupjansk, auf Charkiw und andere Orte in der Nähe der Front sind laut ukrainischen Berichten mindestens sechs Menschen getötet und 13 verletzt worden. Das russische Militär behauptet, in der Nacht mehrere ukrainische Drohnen über der Region Belgorod und der besetzten Halbinsel Krim abgefangen zu haben. Text: Nicolas Freund; Karte: Michael Mainka

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