Süddeutsche Zeitung

Zeitumstellung:Tempo

Wie schön, nur noch einmal die Uhr vorstellen - oder war es doch zurück?

Von David Pfeifer

Gegner der Zeitumstellung muss man nicht unbedingt sein, um sich über deren Abschaffung zu freuen. Es genügt schon, dass man sich jedes Halbjahr fragt: Muss die Uhr nun vor- oder zurückgestellt werden? EU-Kommissionspräsident Juncker verkündet nun, er werde eine Abschaffung der Umstellung durchsetzen. Er will wohl mit einem sensiblen, aber zugleich unproblematischen Thema punkten.

Es gibt ja keinen Firmenchef, Politiker oder halbwegs Prominenten, der auf die Frage, was der größte Luxus sei, nicht "Zeit" antwortet. Wer gesund ist und Geld hat, sorgt sich um seine Zeit und darum, was man aus ihr machen kann ("Quality Time"). Zeit wird als Besitz begriffen, weswegen auch jedes Mal, wenn sie umgestellt wird, davon die Rede ist, es werde einem eine Stunde geschenkt, oder eben gestohlen.

Juncker will schnell handeln, was aber noch Probleme nach sich ziehen könnte. Denn ein Beschluss der Kommission kann zwar den Krümmungsgrad aller Gurken in der EU festlegen, ist aber nicht bindend in der Zeitfrage. Jedes Land kann dann für sich entscheiden, ob es Winter- oder Sommerzeit will. Es könnte also bald so sein, dass die Deutschen mit derselben Währung auf Mallorca bezahlen, im Sommerurlaub aber die Zeitzone wechseln müssen. Wenn die EU-Kommission das schnell durchzieht, dürfte die Zeitumstellung am 28. Oktober die vorletzte werden. Nur noch einmal die Uhren vordrehen, und dann noch einmal zurück. Oder war es andersrum?

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Quelle:
SZ vom 01.09.2018
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