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Regionalwahl in Frankreich:Wahlergebnisse stärken die Konservativen

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Nach der Regionalwahl ist mit den Konservativen auch auf nationaler Ebene zu rechnen. Präsidentschaftsbewerber Xavier Bertrand fühlt sich als Sieger und kündigt einen Dreikampf an.

Von Nadia Pantel, Paris

Es war ein finsterer Moment für Frankreichs Politik, doch Xavier Bertrand strahlte. Wie schon bei der ersten Runde der Regionalwahl verzichteten auch bei der zweiten Runde am Sonntag zwei Drittel der Franzosen darauf, ihre Stimme abzugeben. Doch auch bei einer Wahl, die von der Bevölkerung verschmäht wird, finden sich Sieger. Und einer der großen Sieger dieses Wochenbeginns heißt nun Xavier Bertrand, der wiedergewählte Präsident der Region Hauts-de-France.

Die Hochrechnungen waren gerade erst ein paar Minuten alt, da trat Bertrand am Sonntagabend vor die Kameras und hielt eine Rede, die unmissverständlich nicht nur an die Wähler in seiner Region gerichtet war, sondern an diejenigen im ganzen Land. Bertrand sprach von einem "Weg der Hoffnung, der jetzt und heute seinen Anfang nimmt" und auf dem "das stolze, würdige, mutige Frankreich sein Schicksal wieder in die Hand nehmen werde".

Am Montagmorgen legte Bertrand dann nach, mit weniger Pathos, dafür mit einer klaren Ansage: Die Präsidentschaftswahl sei nun ein Dreikampf, sagte Bertrand der Zeitung Les Échos. Also nicht mehr eine unausweichliche Wiederholung des Duells des amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron gegen die rechtsextreme Marine Le Pen, sondern ein Kampf um die Stichwahl, in dem auch mit den Konservativen gerechnet werden muss.

Sein Selbstbewusstsein zieht Bertrand zum einen aus seinem soliden Sieg mit 52 Prozent der Stimmen nach dem zweiten Wahlgang. Zum anderen jedoch auch daraus, dass seine Region Hauts-de-France stärker als jede andere in den vergangenen Wochen wie ein nationales Politiklabor gewirkt hatte. Bertrand und seine politischen Gegner hatten in den Hauts-de-France, ganz im Norden Frankreichs, von Anfang an so Wahlkampf geführt, als ginge es ums ganze Land. Präsident Emmanuel Macron hatte seinen Justizminister Éric Dupond-Moretti ins Rennen geschickt, das Rassemblement National (RN) ist in der Region ohnehin traditionell stark, und die Sozialisten, France Insoumise und Grüne hatten es geschafft, sich auf einer gemeinsamen Liste zu sammeln. Bertrand siegte also nicht allein auf weiter Flur, sondern gegen entschlossene Konkurrenz.

Neue Bewegung in der politischen Landschaft Frankreichs

Bereits im März dieses Jahres hatte Bertrand seine Präsidentschaftsambitionen öffentlich gemacht, sein Erfolg bei der Regionalwahl lässt den Konservativen, der 2005 bis 2007 Gesundheitsminister und von 2007 bis 2012 Arbeitsminister war, nun gestärkt ins Rennen gehen. Wobei sich am Montag deutlich abzeichnete, dass dem von Bertrand erhofften Präsidentschafts-Dreikampf ein anderer Dreikampf vorausgehen wird.

Nicht nur Bertrand gehört nach der Regionalwahl zu den siegreichen Konservativen, sondern auch die wiedergewählte Präsidentin der Region île-de-France, Valérie Pécresse, und der ebenfalls wiedergewählte Präsident der Region Auvergne-Rhône-Alpes, Laurent Wauquiez. Sowohl Bertrand als auch Pécresse sind nicht mehr Mitglieder der Republikaner, doch eine erfolgreiche Kandidatur stünde allen drei Kandidaten nur dann offen, wenn sie sich der Unterstützung der Partei sicher sein können.

Sollte es den Republikanern gelingen, sich zügig auf einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu einigen, ohne sich dabei in Grabenkämpfen zu zerreiben, dann wirkt der Ausgang der Präsidentschaftswahl 2022 zurzeit so offen wie seit Monaten nicht. In einer Ipsos-Umfrage vom Sonntag werden zwar immer noch Le Pen und Macron als Favoriten genannt (beide mit jeweils 24 Prozent Zustimmung), Bertrand kommt jedoch mit 18 Prozent Zustimmungswert auf Platz drei. Und so hat eine Wahl, an der nur eine Minderheit der Bürger sich beteiligte, Bewegung in die politische Landschaft Frankreichs gebracht.

Sogar die Sozialisten sehen ein "Wiedererwachen der Hoffnung", wie es ihr Vorsitzender Olivier Faure nennt. Der Partei ist es gelungen, ihre fünf Regionen zu halten. In der Region Occitanie erzielten die Sozialisten sogar den klarsten Sieg aller Regionen: Sie wurden mit 58 Prozent der Stimmen wiedergewählt.

Für Macrons Regierungspartei La République en Marche (LREM) und für Le Pens Rassemblement National (RN) war die Wahl hingegen zum Debakel geraten. LREM kam im zweiten Wahlgang landesweit auf nur sieben Prozent der Stimmen. Der RN erzielte zwar zusammengerechnet 20 Prozent, konnte jedoch entgegen der Prognosen keine Region gewinnen.

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