Süddeutsche Zeitung

Wahlkampf in Großbritannien:Briten im Corbyn-Fieber

Vor der Wahl am 8. Juni tragen Unterstützer das Gesicht des Labour-Chefs auf T-Shirts, Strumpfhosen und Schildern. Der 68-Jährige ist vor allem bei jungen Briten beliebt. Ein ausgefallener Wahlkampf in Bildern.

Labour-Chef Jeremy Corbyn posiert für ein Selfie mit einer Unterstützerin. Besonders viele junge Briten sehen in Corbyn einen Hoffnungsträger für mehr soziale Gerechtigkeit. Das Establishment verabscheut den 68-Jährigen. Auch dafür lieben ihn seine Anhänger.

Zehntausende traten der Partei bei und wählten Corbyn, als er 2015 eher durch Zufall für die Wahl zum Parteivorsitzenden nominiert wurde. Bis heute vertraut ihm seine eigene Partei nicht. Die Basis hingegen liebt ihn und unterstützt ihn mit knalligen Fan-T-Shirts...

... oder Graffitis wie hier in London. Der 68 Jahre alte Corbyn fiel in der Vergangenheit eher auf Friedensdemonstrationen und Gewerkschaftstreffen auf, statt durch Reden im Parlament. Seine Forderungen entsprechen einem typisch linken Programm: bessere öffentliche Schulen, die Verstaatlichung von privatisierten Unternehmen, starke Gewerkschaften, weniger Kriege und höhere Steuern für Reiche.

Sein Wahlkampfslogan fasst Corbyns Linie zusammen: "For the many, not the few" (für die vielen, nicht die wenigen). Die Unterstützer greifen ihn im Wahlkampf gerne auf - und variieren auch andere Marken wie den Nike-Swoosh.

T-Shirt-Aufdrucke stilisieren Corbyn zu einem neuen Che Guevara, dem legendären und als Ikone verehrten Revolutionsführer. Corbyns Gegner in der Opposition, der Presse und auch in den eigenen Reihen sehen in ihm lange einen radikalen Altlinken. Er wird zudem kritisiert, er habe sich nicht klar genug von radikalen Gruppen wie der IRA und der Hamas distanziert.

Corbyn steht eher für einen "soften" Brexit und unterstützte die "Remain"-Kampagne seiner Partei. Klar positioniert hat er sich dennoch nicht. Auch deshalb, weil er die Europäische Union als Eliteprojekt versteht. Briten, die einen harten Brexit fürchten, hoffen auf Corbyn.

Wie viele Unterstützer Corbyn für seine Labour-Partei gewinnen kann, zeigt sich am 8. Juni, wenn Großbritannien nach nur zwei Jahren ein neues Parlament wählt. Die konservative Premierministerin Theresa May hatte die Neuwahlen ausgerufen, weil sie ein Mandat für die Brexit-Verhandlungen mit der EU erhalten möchte.

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