Süddeutsche Zeitung

Wahlen in drei Bundesländern:Generalprobe für den 27. September

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Nach vielen Misserfolgen will die SPD am Sonntag zwei Ministerpräsidenten stürzen - der Union kommen die Wahlen denkbar ungelegen.

S. Höll und S.Braun

Am kommenden Montag fährt die gesamte Führung der Bundes-SPD nach Hannover. Mit einer Großkundgebung auf dem Opernplatz eröffnet die SPD jene Zeit, die sie selbst "heiße Wahlkampfphase" nennt. Altkanzler Gerhard Schröder soll in der ersten Reihe sitzen, ein paar tausend Menschen werden vor der Bühne stehen und des Kanzlerkandidaten harren. Und zwei Tage vor diesem Großereignis weiß Frank-Walter Steinmeier noch nicht, ob er seine Zuhörer trösten muss oder ihnen glaubhaft einen Erfolg bei der Bundestagswahl in Aussicht stellen kann.

Am Sonntag finden im Saarland, in Thüringen und Sachsen Landtagswahlen statt, von denen sich die Sozialdemokraten in ihrem schwierigen Bundestagswahlkampf einen Erfolg ersehnen, am allerliebsten zwei. Denn an Erfolgen mangelte es im Wahljahr 2009.

Am Jahresbeginn ging Hessen verloren, das war erwartet worden. Bei der Bundespräsidentenkür unterlag Gesine Schwan. Und die Europawahl geriet gar zum Desaster. Wochenlang hatten die Sozialdemokraten ganz überzeugt erklärt, sie würden hinzugewinnen und als der uneigentliche Sieger hervorgehen, weil die Union an Stimmen einbüßt. Es kam bekanntlich anders: Die SPD erzielte mit 20,8 Prozent ihr bis dahin schlechtestes Resultat, die Partei verfiel zwischenzeitlich in Schockstarre. Seither sind die Sozialdemokraten vorsichtiger mit Prognosen und vermeiden es, aus bundespolitischer Sicht Ziele für den Wahlabend zu setzen.

Ihr Wunschergebnis wären zwei neue Ministerpräsidenten, einer im Saarland, einer in Thüringen. Im Saarland könnten sie es schaffen, mit einer rot-roten oder rot-rot-grünen Koalition. In Thüringen sind die Chancen schlechter. Deshalb haben sich die Sozialdemokraten eine Art Minimalziel gesetzt: Schwarz-gelbe Bündnisse sollen in den drei Ländern verhindert werden. Gelingt wenigstens das, kann Steinmeier am Montag auf dem Opernplatz in Hannover ernsthaft einen Regierungsanspruch im Bund erheben. Gelingt es nicht, würde der Bundestagswahlkampf für die SPD und Steinmeier zumindest schwieriger. Bis hinein in die Führungsspitze gibt es Leute, die meinen, in diesem Fall wäre die Auseinandersetzung schon vier Wochen vor dem 27. September entschieden, zuungunsten der SPD.

In der CDU-Spitze fürchtet und freut man sich nicht richtig beim Blick auf den Sonntag. Am liebsten natürlich wäre es den meisten, wenn es diesen Wahlsonntag gar nicht gäbe. Zu angenehm ist der träge Fluss namens Bundestagswahlkampf, der derzeit so nett dahinfließt, ohne dass sich an den hohen Sympathiewerten von Kanzlerin Angela Merkel oder dem großen Vorsprung der Union vor der SPD bislang etwas ändert. Ganz anderes nämlich müssen die Strategen der Partei am Sonntag für einige Länder befürchten. Mindestens in zwei von drei Landtagswahlen wird die CDU wohl Federn lassen, in Thüringen und im Saarland sind deutliche Verluste so gut wie sicher. Sollte das am Ende dazu führen, dass zwei CDU-Ministerpräsidenten ihren Stuhl räumen müssten, wäre das vier Wochen vor dem Votum im Bund eine herbe Niederlage. "Es wäre schon gut, wenn wir das vermeiden können", heißt es in der Parteizentrale.

Da ein Rückschlag aber keineswegs unwahrscheinlich ist, rüsten sie sich bei der CDU längst für das Duell um die öffentliche Meinung. Dahinter steckt die Tatsache, dass eine solche Niederlage und Abwahl der CDU-Länderchefs Peter Müller und Dieter Althaus im Saarland wie in Thüringen nur passieren kann, wenn sich SPD und Linkspartei verbünden sollten - aus Sicht der Unionsspitze ergibt sich daraus die Möglichkeit, die Sozialdemokraten anzugreifen, weil sie sich diesen Bündnissen dann endgültig öffnet. In diese Richtung also würde die Unionsspitze trommeln - ohne allerdings zu wissen, inwieweit derartige Attacken im Bundestagswahlkampf noch ziehen.

Entsprechend hofft nun die Union, dass es am Ende nicht nur in Sachsen - da scheint es sicher - sondern auch im Saarland und vielleicht sogar in Thüringen für ein schwarz-gelbes Bündnis reichen könnte. Das wäre wie eine Bestätigung des im Bund ohnehin angestrebten Ziels - und nach Einschätzung vieler in der Berliner Partei- und Fraktionsführung der ideale Start in die letzten vier Wochen vor dem 27. September.

Wenige freilich fürchten in diesem Fall, dass bei so viel schwarz-gelben Siegen und Regierungen in den Ländern ausgerechnet im Bund der Drang wachsen könnte, ein Gegengewicht zu schaffen. Daher gibt es - in der Minderheit - noch eine dritte Gruppe von Strategen, die sich für den Sonntag ein gemischtes Ergebnis wünschen. Ein Erfolg für die SPD, zwei für die Schwarz-Gelben - das könnte dazu führen, dass der Bundestagswahlkampf auch nach dem Sonntag ganz im Sinne der Union ein träger, langsamer Fluss bleibt.

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SZ vom 29.08.2009/segi
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