Süddeutsche Zeitung

Volleyball-Bundesliga:Gaudi in halbvoller Hütte

Lesezeit: 3 min

Die bayerisch-tiroler Volleyball-Kooperation namens Alpenvolleys gewinnt in Innsbruck ihre Heimspiel-Premiere in der Volleyball-Bundesliga gegen Bühl - die Begeisterung auf den Rängen ist aber noch ausbaufähig.

Von Sebastian Winter, Innsbruck

Die Alpenvolleys haben sich offenbar schon etwas abgeschaut bei ihrer Heim-Premiere in der Bundesliga gegen die Bisons aus Bühl. In Friedrichshafen, wo sie nach einem sehr guten ersten Satz vor einer Woche noch mit 0:3 untergingen, fliegt ja immer ein großer Zeppelin durch die Halle. Nun surrte am Samstagabend ein ebensolches, allerdings zehn Nummern kleineres Exemplar durch die Universitätssporthalle - die passenderweise direkt neben Innsbrucks Flughafen liegt. Ansonsten: einiges an Folklore. Zwei DJ's sorgen auf einer Art Kanzel für mächtig Lärm, sie spielen natürlich auch das neue Vereinslied, das Maskottchen Willi Wiesl trägt die Nummer 99, und der neue Fanklub Hachinga Hammerblock ist mit ein paar Dutzend Unterhachinger Anhängern auch angereist - samt grünen Plastikhämmern, Rätschen und Trommeln.

Sie soll nun also auch in Innsbruck belebt werden, diese so skurrile wie bislang einzigartige deutsch-österreichische - oder besser bayerisch-tiroler - Volleyball-Kooperation aus Unterhaching und Innsbruck. In sportlicher Hinsicht hat das sehr gut geklappt. Denn die Alpenvolleys zeigten den Bisons mit ihrem 3:1 (25:19, 25:13, 23:25, 25:18)-Erfolg die Grenzen auf. Die Begeisterung auf den Rängen muss allerdings noch entfacht werden in Innsbruck - gerade einmal 700 Zuschauer kamen in die doppelt so viele Besucher fassende Halle. Die Verantwortlichen hatten schon mit 1000 gerechnet. Das Publikum in Innsbruck ist nicht so einfach zu fangen, im Profibereich spüren das auch die Fußballer, Handballer und Eishockeyspieler. Aber das kann und sollte noch werden, vor allem ab Januar, denn dann dient die Olympiahalle in Innsbruck den Volleyballern als Spielstätte.

Die Volleyball-Grenzen sind nun offen

Das Publikum in München gilt als ähnlich reserviert, in diesem Sinne passt es ganz gut, dass sich der südlich von München beheimatete einstige deutsche Spitzenklub TSV Unterhaching und der mehrmalige österreichische Meister und Champions-League-Teilnehmer Innsbruck zu jenem zunächst auf drei Jahre angelegten Projekt zusammengetan haben. Unterhaching, weil es nach dem finanziell bedingten Rückzug aus dem Profivolleyball vor vier Jahren wieder zurück auf die große Bühne strebt. Innsbruck, weil es seit vier Jahren kein einziges Spiel in der österreichischen Topliga verloren hat - der Klub ist schlicht über sie hinausgewachsen. Und er hat einen findigen Manager, der zugleich mit seiner Baufirma Sponsor ist und in nicht allzu weiter Ferne deutscher Meister werden will.

Dank einer glücklichen Fügung - die Bundesliga hat vor einem Jahr erstmals Wildcards ausgeschrieben, um das bröckelnde Oberhaus aufzufüllen - sind die Volleyball-Grenzen nun offen. Voraussetzung war, dass Unterhaching die Wildcard beantragt. Ohne seinen deutschen Partner hätte Innsbruck nicht in der Bundesliga spielen dürfen. Nun werden aber die meisten Heimspiele in Tirol stattfinden, drei Ligapartien und der Pokal in Unterhaching. Das Team ist komplett in Innsbruck verwurzelt, es wohnt und trainiert dort, aus Unterhaching sind nur zwei Ergänzungsspieler im Kader. Einer war am Samstag gar nicht dabei, weil er vornehmlich in Unterhachings Reserve in der zweiten Liga spielt. Der andere, Zuspieler Georgi Topalov, saß auf der Bank. Alpenvolleys-Trainer Stefan Chrtiansky brauchte sie auch nicht. Denn sie dominierten die Bühler Bisons ohnehin.

Sportlich gehören die Alpenvolleys wohl ins gute Tebellen-Mittelfeld

Im ersten Satz überzeugten sie nach verhaltenem Beginn (3:6) mit starker Annahme und wuchtigen Angriffen, glichen aus, führten 10:7, 17:13, 23:18. Als die Bühler Annahme dann den Flatteraufschlag des Brasilianers Douglas Duarte Souza Da Silva zu dicht ans Netz spielte, war der erste Bundesliga-Satz der Alpenvolleys in ihrer heimischer Arena vorbei. Und man durfte feststellen: Er hat die Bühler, mittlerweile ein etabliertes Team im Mittelfeld der Liga, durchaus beeindruckt. Im zweiten Satz waren die Gäste aus der badischen Wein- und Zwetschgenstadt dann dermaßen beeindruckt, dass ihr Spiel erstarrte - das Ergebnis von 13:25 sagte alles. Im dritten Satz wandelten die Alpenvolleys den hoffnungslosen 11:18-Rückstand in eine 19:18-Führung, um ihn dann doch zu verlieren. Den vierten Satz gewann Außenangreifer Igor Grobelny mit einer Serie von gewaltigen Aufschlägen fast alleine, den Matchball durfte der kanadische Zugang und beste Scorer an diesem Abend, Rudy Verhoeff, verwandeln.

Sportlich, das kristallisiert sich nach nur zwei Spielen heraus, gehören die Alpenvolleys ins gute Mittelfeld der Liga. Und über fehlende Aufmerksamkeit können sie sich auch nicht beklagen. Immerhin sind sie mit ihrer ungewöhnlichen Geschichte auch dem ZDF am Sonntag einen Bericht in der Sport-Reportage wert. Muss nur noch die Begeisterung auf den Rängen wachsen. Aber auch das dürfte eigentlich kein Problem sein bei einem Einzugsgebiet, das über Ländergrenzen reicht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3718692
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.10.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.