Süddeutsche Zeitung

Verkehrsministerium:Druck von oben

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Alexander Dobrindt gilt nicht gerade als Klimaschützer. Die Kritik von Umweltpolitikern wurde zuletzt immer lauter. Jetzt stößt der CSU-Mann im eigenen Haus einen Klimawandel an.

Von Markus Balser, Berlin

Nur noch wenige Wochen Zeit bleiben, bis sich die Staatengemeinschaft im marokkanischen Marrakesch zum nächsten Klimagipfel trifft. Wenn das Treffen am 7. November beginnt, wollte Klimavorreiter Deutschland eigentlich seinen wegweisenden Klimaschutzplan verabschiedet haben. Doch die Sache hakt. Noch am Freitag trafen sich Spitzenbeamte von Umwelt- und Verkehrsministerium, um über neue Ziele für den Problembereich beim Klimaschutz schlechthin zu verhandeln: Während der Treibhausgas-Ausstoß seit 1990 insgesamt um 30 Prozent zurückging, waren es im Sektor Mobilität nur zwei Prozent.

Seit Monaten wird nun an den Details des neuen deutschen Klimaschutzplans 2050 - eine langfristig angelegte Klimaschutzstrategie - gefeilt. Doch trotz aller Umweltprobleme tut sich die Bundesregierung mit einer Lösung gerade im Verkehrssektor schwer. Das von Alexander Dobrindt (CSU) geführte Verkehrsministerium bat im Umweltministerium von Barbara Hendricks (SPD) zuletzt mehrfach um Fristverlängerung für das Setzen neuer Grenzwerte. Die Kritik von Umweltpolitikern an Dobrindts Politik wurde deshalb zuletzt immer lauter.

Auch in der Abgasaffäre wirft die Opposition Dobrindt mangelnden Willen zur Aufklärung und zu viel Nähe zur Industrie vor. Doch nun bewegt sich offenbar etwas am historischen Dienstsitz des Verkehrsressorts in der Berliner Invalidenstraße. Zunächst vor allem im Organigramm des Hauses. Denn nach Informationen der Süddeutschen Zeitung plant das Ministerium, den Klimaschutz im eigenen Haus aufzuwerten. Dobrindt und sein Staatssekretär Michael Odenwald wollten eine Stabsstelle für den Klimaschutz einrichten, heißt es aus Kreisen der Bundesregierung. Das Ministerium bestätigte die Pläne am Freitag. Personelle Entscheidungen über die Größe und Leitung seien noch nicht getroffen worden, sagte eine Sprecherin. Hintergrund sei, dass der Klimaschutz eine immer größere Rolle in der Verkehrspolitik spielen werde. Mit der neuen Organisation sollten zudem Kompetenzen des eigenen Hauses gebündelt werden. Die Stabsstelle soll auch als zentrale Anlaufstelle für alle klimarelevanten Fragen fungieren. Das betreffe die Elektromobilität, Kraftstofffragen, die Stärkung der Schiene als Verkehrsträger, die Förderung alternativer Antriebstechniken oder auch die Kombination von Verkehrsmitteln. Der Umbau dürfte auch eine Reaktion auf den wachsenden politischen Druck auf den Verkehrssektor sein. Die G-7-Staaten hatten bei ihrem Gipfel 2015 in Deutschland beschlossen, bis 2050 im Verkehrssektor den Abschied von fossilen Energien zu schaffen - angesichts der bislang schwachen Einsparungen bei den Emissionen des Sektors ein hohes Ziel. In Deutschland verlangen vor allem die Grünen eine Verkehrswende. In einem Antrag für den Grünen-Parteitag im November hatte der Bundesvorstand der Partei bereits gefordert, von 2030 an keine Autos mit Benzin- oder Dieselmotor mehr neu zuzulassen. Das geht Dobrindt dann doch zu weit.

"Ein komplettes Aus von Verbrennungsmotoren ab 2030 ist vollkommen unrealistisch", sagte er, und das Datum "einfach Unsinn

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Quelle:
SZ vom 22.10.2016
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