Süddeutsche Zeitung

Vergleichsstudie:Deutschland verbessert sich bei Integration von Einwanderern

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Von Jan Bielicki, München

Bei der Integration von Einwanderern kommt Deutschland im internationalen Vergleich immer besser voran. Laut einer Vergleichsstudie, die am Mittwoch in Berlin veröffentlicht wurde, gehört die Bundesrepublik inzwischen zu den zehn Aufnahmeländern, in denen die Integration Zugezogener am besten funktioniert. "Deutschland macht langsame, aber stetige Fortschritte", sagt Thomas Huddleston, der Programmdirektor der Brüsseler Migration Policy Group, "inzwischen schauen andere Länder zunehmend nach Berlin, wenn sie nach integrationspolitischen Vorbildern suchen."

Gemäß einem Index namens "Mipex", mit dem das Brüsseler Institut seit 2004 die Integrationspolitik in 38 westlichen Industriestaaten vergleicht, liegt Deutschland auf Rang 10. Bei der Erhebung im Jahr 2011 kam die Bundesrepublik noch auf den zwölften Platz. Als gut bewertet der Index vor allem einige skandinavische Staaten wie Schweden, Finnland oder Norwegen, aber auch Belgien und die Niederlande, manche klassischen Einwanderungsländer wie Kanada und, etwas überraschend, Portugal - ein Land, dessen Bewohner traditionell eher auswanderten.

Besonders gut gefällt den Integrationsforschern, dass Einwanderer in Deutschland leicht Zugang zum Arbeitsmarkt finden. Auch dank der guten Konjunktur haben demnach 78 Prozent von ihnen Arbeit, nur in wenigen Ländern ist die Beschäftigungsquote höher. Vor allem aber preist die Studie das sogenannte Anerkennungsgesetz, das seit 2012 die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse deutlich erleichtert habe. Hier sei Deutschland europaweit führend. Tatsächlich haben seither fast alle Zuwanderer, die ihre heimischen Abschlüsse anerkennen lassen wollen, damit Erfolg, wie auch ein Bericht des Bundesinstituts für Berufsbildung hervorhebt, den Bildungsministerin Johanna Wanka am Mittwoch dem Kabinett vorlegte. Demnach wurde 2013 in fast 96 Prozent der Verfahren den Antragstellern die volle oder teilweise Gleichwertigkeit ihrer Zeugnisse mit deutschen Abschlüssen attestiert.

Nachholbedarf bescheinigt die Brüsseler Studie der deutschen Politik, wenn es um Bildung, Familienzusammenführung oder die politische Beteiligung von Migranten geht. Deutschland sei eines der wenigen Aufnahmeländer, das etwa den Ehegattennachzug an einen Sprachtest knüpfe, die doppelte Staatsbürgerschaft nicht generell zulasse und Asylbewerbern Gesundheitsversorgung nur eingeschränkt gewähre. Für ausgesprochen schwach halten die Forscher die deutschen Gesetze und Stellen zur Bekämpfung von Diskriminierung. Anders als fast überall sonst habe sich jedoch in Deutschland die Einstellung der Bevölkerung zu Einwanderern gebessert.

Unumstritten ist der Vergleichsindex freilich nicht. Sein Fokus auf die theoretische Gesetzeslage führt bisweilen zu merkwürdigen Bewertungen. So lobt die Studie den gesetzlichen Schutz von Diskriminierungsopfern ausgerechnet in Bulgarien, Rumänien oder Ungarn - für die Minderheit der Roma sieht die Wirklichkeit in diesen Ländern anders aus.

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Quelle:
SZ vom 11.06.2015
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