Süddeutsche Zeitung

USA:Jenseits jeglicher Vernunft

Donald Trump hebelt das Kontrollrecht des Parlaments aus, die Demokraten wollen den US-Präsidenten partout bloßstellen. Ein Amtsenthebungsverfahren aber würde das Land zerreißen. Ist der Streit um Trumps Steuererklärungen die Sache wert?

Von Hubert Wetzel

Man kann die Wut verstehen - auf beiden Seiten. Die Demokraten sind zu Recht wütend, weil Präsident Donald Trump mauert. Er blockiert alle Anfragen aus dem Abgeordnetenhaus nach Dokumenten und Zeugen und hebelt so das parlamentarische Kontrollrecht aus. Trump ist zu Recht wütend, weil ein Teil der Untersuchungen der Demokraten nur darauf abzielt, ihn bloßzustellen. Warum muss die Welt wissen, mit welchen Tricks der private Geschäftsmann Donald Trump vor zehn Jahren Steuern gespart hat? Wie gefiele es den Demokraten, wenn die Republikaner im Senat die Steuererklärungen des Privatmanns Barack Obama einsehen wollten?

Doch diese Wut sollte Trump und die Demokraten nicht so blind machen, dass sie gemeinsam in ein Amtsenthebungsverfahren taumeln. Die Demokraten können dabei nicht gewinnen. Der Präsident wird im Amt bleiben, egal, was sie im Abgeordnetenhaus beschließen. Ihn schützt die republikanische Mehrheit im Senat. Und Trump muss wissen, dass ein Impeachment, zu dem er die Demokraten regelrecht herausfordert, das Land zerreißen wird. Es ist denkbar, dass dann Blut fließt. Sind seine Steuerunterlagen das wert?

Das Gegenteil von blinder Wut ist weitsichtige Vernunft. Doch daran mangelt es in Washington schon seit Jahren - auf beiden Seiten.

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Quelle:
SZ vom 24.05.2019
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