Süddeutsche Zeitung

USA:Enthüllt, nicht entschlüsselt

Lesezeit: 2 min

US-Medien veröffentlichen Trumps Steuererklärung. Hat er sie selbst durchgestochen?

Von Sacha Batthyany, Washington

Im Wahlkampf hatte sich Donald Trump um Kopf und Kragen geredet, um eine Veröffentlichung seiner Steuerunterlagen zu umgehen. Erst versprach er, die entsprechenden Dokumente "sehr bald" schon zu veröffentlichen. Danach behauptete er, abwarten zu müssen, bis die Finanzbehörde seine Steuererklärungen der vergangenen Jahre überprüft hätte. Kurz nach seiner Amtseinführung als US-Präsident erklärte dann seine Beraterin Kellyanne Conway, dass die Steuerunterlagen von Donald Trump die Amerikaner nicht interessierten.

Die Journalisten erhofften sich brisante Details - doch sie wurden enttäuscht

Regelmäßige Umfragen hingegen zeigen ein anderes Bild. Die amerikanische Bevölkerung hat sehr wohl Interesse an der wirtschaftlichen Situation ihres Präsidenten. In den USA ist es üblich, dass Präsidentschaftskandidaten ihre Steuerunterlagen veröffentlichen, um mögliche finanzielle Abhängigkeiten transparent zu machen. Trump aber hielt dies nicht für nötig. Und je länger er seine Hand auf den Unterlagen hielt, desto lauter wurde gemunkelt, er habe womöglich etwas zu verbergen.

Als der Nachrichtensender MSNBC am Dienstagabend verkündete, im Besitz von Trumps Steuererklärung zu sein, war die Spannung entsprechend groß. Journalisten schrieben überhastet bereits vom "Heiligen Gral". Sie erhofften sich brisante Details, etwa zu Geschäftsbeziehungen nach Russland - und wurden enttäuscht.

Das Dokument aus dem Jahr 2005 zeigt, dass Trump damals 150 Millionen Dollar eingenommen und rund 38 Millionen Dollar an Steuern bezahlt hat. Er hat außerdem Verluste von 100 Millionen Dollar abgeschrieben, um seine Steuern zu verringern. Trump hat damit einen Bundessteuersatz von 25 Prozent. Gemäß Wall Street Journal beträgt der Steuersatz etwa von Bernie Sanders lediglich 13,5 Prozent - dabei habe gerade Sanders den Präsidenten immer verdächtigt, nicht genug Steuern bezahlt zu haben, schrieb die Zeitung.

Ein Großteil der von Trump bezahlten Summe fällt auf eine Steuer zurück, die Donald Trump lange bekämpft und deren Abschaffung er noch im Wahlkampf gefordert hatte, berichtet die New York Times. Mit der 1969 eingeführten Alternative Minimum Tax wurde verhindert, dass Superreiche mittels Steuerschlupflöchern und Millionenabschreibungen ihre Steuerlast auf geringe Beträge drücken.

Der Sender MSNBC, der Trumps Steuererklärung veröffentlichte, hat das Dokument von dem Journalisten David Cay Johnston erhalten, einem Finanzspezialisten, der 2016 das Buch "Die Akte Trump" veröffentlichte. Johnston erklärte im Interview mit MSNBC, er habe die Unterlagen in seinem Briefkasten gefunden. Der Pulitzer-Preisträger schloss nicht aus, dass Trump selbst dafür gesorgt haben könnte, dass er in den Besitz der Papiere komme. "Vielleicht will er von anderen Themen ablenken?", mutmaßte Johnston. Auf Twitter schrieb er später am Abend, seine Frau und eines seiner Kinder würden von Trump-Fans in den Sozialen Medien attackiert. "Besser wären offene Diskussionen. Statt Drohungen", schrieb Johnston.

Auch der Sender MSNBC, vor allem die Moderatorin Rachel Maddows, wurden von vielen Kommentatoren für die Berichterstattung regelrecht mit Häme überschüttet. Die groß angekündigten "Enthüllungen" über Trumps Finanzen hätten sich als Rohrkrepierer erwiesen, schrieb die regierungsfreundliche Newsseite Breitbart. Der "links-liberale Mainstream-Journalismus", so Breitbart, habe sich zur besten Sendezeit ins eigene Bein geschossen.

Der politische Kommentator Van Jones sagte auf CNN, er habe brisante Informationen erwartet, "tatsächlich aber war es ein Abend ganz im Sinne von Donald Trump".

Präsident Trump nahm persönlich noch keine Stellung, dürfte aber mit den sogenannten Enthüllungen tatsächlich zufrieden sein. Das Weiße Haus bestätigte die von Rachel Maddows veröffentlichten Zahlen bereits vor Ausstrahlung ihrer Sendung, bezichtigte MSNBC aber der Effekthascherei. Der Sender müsse wohl verzweifelt sein, wenn ein Rechtsbruch in Kauf genommen werde, um Auszüge aus alten Steuerunterlagen zu veröffentlichen.

Derweil meldete sich Trumps Sohn Donald Jr. auf Twitter. Er bedankte sich bei Maddows. Sie habe ihrem Publikum gezeigt, was für ein toller Geschäftsmann sein Vater sei.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3421485
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.03.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.