Süddeutsche Zeitung

US-Präsidentschaft:Feld der Zwerge

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Die Vielfalt ihrer Bewerber ist kein Vorteil für die Demokraten, sondern für Donald Trump. Seinen Gegnern fällt es schwer, überzeugende Kandidaten für das Präsidentenamt zu finden.

Von Reymer Klüver

Und dann waren es zwischendurch sogar 18. Zehn Wochen vor Beginn der Vorwahlen Anfang Februar 2020 im wintereisigen US-Bundesstaat Iowa schnellte die Zahl der Bewerber für die demokratische Präsidentschafts-Kandidatur wieder nach oben. In früheren Wahlkämpfen hatte sich zu diesem Zeitpunkt, Mitte November, das Feld der halbwegs ernst zu nehmenden Kandidaten schon deutlich gelichtet. Nicht so 2019. Da stieg ein ehemaliger Gouverneur erst noch ins Rennen ein, kurz darauf folgte der frühere Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, einer der reichsten Männer des Landes.

Man könnte das als Ausdruck des enormen Personal-Potenzials der Partei werten. Vier Senatoren treten an, ein ehemaliger Vizepräsident, der schwule Bürgermeister einer Kleinstadt, ein früherer Footballstar, und zwei Milliardäre sind auch dabei. Doch tatsächlich steht zu befürchten, dass die Vielzahl der Prätendenten das Gegenteil bedeutet: Die Größe des Bewerberfeldes spricht nicht für die Demokraten, sondern für Donald Trump. Die Partei hat riesige Schwierigkeiten, einen aussichtsreichen Herausforderer zu finden. Dabei war schon lange kein Präsident mehr so unbeliebt wie der Wirrkopf im Weißen Haus: Deutlich mehr als die Hälfte der Amerikaner hält Trump für einen schlechten Präsidenten. Wem das Impeachment, das die Demokraten mit Wucht betrieben, hilft, muss sich allerdings noch erweisen.

Geht den eigenen Weg: Multimilliardär Mike Bloomberg erklärt der Presse am 25. November, warum er Präsidentschaftskandidat für die Demokraten werden will. Der frühere New Yorker Bürgermeister ist hoch angesehen, aber bereits 77 Jahre alt. Den Linken in der Partei ist er zu moderat - genau die Eigenschaft, mit der Bloomberg 2020 womöglich Trump schlagen könnte.

Wer kann Trump schlagen? Die fünfte Primary-Debatte am 20. November zeigt eine Demokratische Partei, die mehr mit sich selbst als mit dem verhassten Präsidenten beschäftigt ist (von links: Cory Booker, Tulsi Gabbard, Amy Klobuchar, Pete Buttigieg, Elizabeth Warren, Joe Biden, Bernie Sanders, Kamala Harris und Andrew Yang). Im Herbst lagen zunächst der frühere Vizepräsident Biden und die beiden Parteilinken Sanders und Warren vorn, doch einen klaren Favoriten gab es noch nicht.

Dies war einmal das Milieu der Demokraten, die Welt der überwiegend weißen Arbeiterschicht. Lange her: Trump-Anhänger demonstrieren in Bethlehem, Pennsylvannia, gegen den Demokraten Sanders, der sich selbst als demokratischen Sozialisten bezeichnet hat.

Nun haben Bedenken hinsichtlich ihrer Bewerber bei den Demokraten Tradition. 1988 schmähten sie die Kandidaten für ihre Primaries als "die sieben Zwerge" (es wunderte nicht, dass am Ende der Republikaner George Bush gewann). Vor der Wahl 2008 tuschelten etliche über die angeblich mangelnde präsidentielle Statur des Kandidaten Barack Obama (sie verstummten bald). Diesmal aber gibt es wirklich Gründe zur Besorgnis.

Anfang Dezember stieg die schwarze Senatorin Kamala Harris aus, die zunächst als eine Favoritin gehandelt worden war. Ein gutes Dutzend Kandidaten war aber immer noch im Rennen. Und immer noch sticht keiner der demokratischen Kandidaten heraus. Keiner reißt die Wähler mit - so wie es Obama 2008 gelang oder dem Linken Bernie Sanders 2016. Kurz vor Beginn des Auswahlverfahrens lagen die drei stärksten Kandidaten - Obamas Vize Joe Biden und die beiden Linken Sanders und Elizabeth Warren - in den ersten beiden Vorwahlstaaten Iowa und New Hampshire praktisch gleichauf. Auch der Kleinstadt-Bürgermeister Pete Buttigieg hat mächtig aufgeholt.

So richtig nervös macht die Partei aber etwas anderes: Nur Biden würde es den Umfragen zufolge schaffen, Trump in den alles entscheidenden Swing-States zu schlagen. Das sind Bundesstaaten wie Pennsylvania, Wisconsin oder Florida, die Obama 2012 gewonnen hatte, die aber vier Jahre später Trump zum Sieg verhalfen. Die beiden anderen - Warren und Sanders - wären den Wählern dort schlicht zu links. Biden aber hat enorme Probleme. Er ist 77, und man merkt ihm das Alter an. Der Funke springt nicht mehr über, vor allem nicht zu den wichtigen jungen Wählern. Strahlende Aussichten für das Wahljahr 2020 sind das nicht.

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SZ vom 01.12.2019
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