Süddeutsche Zeitung

US-Einwanderungspolitik:Gericht kassiert den nächsten Trump-Erlass

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Von Johannes Kuhn, New Orleans

Donald Trumps Verschärfung der Einwanderungspolitik stößt erneut auf Hindernisse. Am Dienstag hat ein Bundesgericht in San Francisco einen Erlass des Präsidenten gekippt, der Städten mit dem Entzug von Bundesmitteln drohte, wenn diese nicht mit den Einwanderungsbehörden kooperieren.

Bei den "Sanctuary Cities", den sogenannten Zufluchtsstädten, handelt es sich um Dutzende Metropolen, deren Verwaltungen nicht gegen Immigranten vorgehen, wenn diese keine Papiere haben. Die Polizei fragt nicht nach dem Einwanderungsstatus, Illegale werden bei Festnahmen nicht Bundesbehörden wie der Abschiebeeinheit ICE überstellt. In den USA leben Schätzungen zufolge elf Millionen Migranten ohne Aufenthaltsberechtigung; die Mehrheit von ihnen stammt aus Mexiko.

Trump hatte Ende Januar mit einem Dekret den Druck auf die Städte verschärft und in dem Erlass das Justizministerium beauftragt, den entsprechenden Kommunen im Zweifelsfall die Bundesmittel zu entziehen. Diese machen teilweise ein Drittel bis mehr als die Hälfte des Haushalts aus.

Das Argument lautet, dass zu viele "illegale Kriminelle" auf den Straßen der Metropolen unterwegs seien. Zahlreiche Bürgermeister von New York bis Los Angeles widersprechen dieser Behauptung und haben Widerstand angekündigt. Allerdings hatte mit Miami eine Metropole ihren Status auch aufgegeben.

Ein Dokument wie von Simpsons-Anwalt Lionel Hutz?

Ein kalifornischer Bundesrichter gab nun einer Klage der Stadt San Francisco und des Bezirks Santa Clara (bekannt für das Silicon Valley) statt und stoppte die Umsetzung des Erlasses im ganzen Land. Der Richter begründete dies damit, dass die entsprechende Passage des Dekrets viel zu weitreichend gefasst sei und die Regierung den verfassungsmäßigen Rahmen ihres Einflusses überschreite.

Das Justizministerium hatte in der Anhörung erklärt, den Erlass nur in engen Grenzen auszulegen. Das allerdings genügte offenbar nicht - wie schon beim ersten Einreisebann machten handwerkliche Fehler in der Formulierung das Dokument rechtlich angreifbar.

Garrett Epps, Verfassungsrechtler und Autor für das Magazin The Atlantic, hatte bereits im Januar geurteilt: "Das Dokument (...) liest sich, als hätte Lionel Hutz von den Simpsons [eine windige Anwaltsfigur; Anm. d. Red.] die ganze Nacht über Worte aus Zeitschriften ausgeschnitten und sie auf eine braune Papiertüte geklebt." Damals war Trump erst wenige Tage im Amt; die Erlasse wurden noch von seinem engstem Beraterkreis um den Extrem-Nationalisten Steve Bannon formuliert, in der Regel ohne juristische Absprache mit den zuständigen Behörden.

Der Bundesrichter in San Francisco verwies allerdings in seiner Begründung auch auf Äußerungen der Regierung. Trump selbst hatte den Erlass als "Waffe" bezeichnet. Sein Pressesprecher Sean Spicer hatte in einer Stellungnahme geschrieben, dass die Städte das Zurückhalten und die Streichung von Zuschüssen, ein Verbot oder den Ausschluss künftiger Mittel und das "Zurückholen früher genehmigter Zuschüsse" fürchten müssten.

Eigentlich eine konservative Haltung

Auch die Einreisebann-Dekrete waren mit Verweis auf Äußerungen aus dem Trump-Umfeld gekippt worden, dass der Visa-Stopp explizit für Muslime gedacht sei - ein Verstoß gegen die religiöse Gleichbehandlung.

Wie sehr US-Präsidenten mit Erlassen die Politik bestimmen dürfen, ist angesichts der komplizierten Machtverhältnisse in Washington immer wieder ein Thema. Auch über den Einfluss der Bundesregierung auf Staaten und Kommunen wird bereits seit Urzeiten gestritten - in der Regel sind es vor allem Konservative, die für eine Beschränkung kämpfen.

Es wird damit gerechnet, dass das Justizministerium die Aussetzung des Erlasses vor einem Berufungsgericht anfechten wird.

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