Süddeutsche Zeitung

Urteil:Gescheitert vor Gericht

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Ein afghanischer Flüchtling, der am 69. Geburtstag von Innenminister Seehofer unrechtmäßig abgeschoben wurde, erhält doch keinen Schutz in Deutschland. Er will das nicht akzeptieren - die Begründung der Richter ist bemerkenswert.

Von Sebastian Pittelkow und Nicolas Richter, München

Der im Juli 2018 unrechtmäßig aus Deutschland abgeschobene afghanische Flüchtling Nasibullah S. ist vor Gericht unterlegen. Seine Klage gegen seinen abgelehnten Asylantrag ist nach Informationen von Süddeutscher Zeitung und NDR vom Verwaltungsgericht Greifswald abgelehnt worden. Das bestätigte die Rechtsanwältin des 20-Jährigen, Sonja Steffen. "Ich bin enttäuscht und werde weiterkämpfen. In jedem Fall lege ich Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Denn ich sehe für die Berufungsbeschwerde gute Erfolgsaussichten", sagte Steffen.

Die Ablehnung der Klage begründet das Verwaltungsgericht unter anderem damit, dass sich Nasibullah S. nach seiner unrechtmäßigen Abschiebung in Afghanistan aufgehalten habe und er während dieser Zeit nicht verfolgt worden sei. Er habe von keiner konkreten Gefahr dort berichtet. S. war am 3. Juli 2018 mit 68 weiteren Flüchtlingen nach Kabul abgeschoben worden, obwohl er gegen die Ablehnung seines Asylantrags geklagt hatte und darüber noch nicht entschieden worden war. Daraufhin bemühten sich die Behörden Anfang August darum, dass S. von Afghanistan nach Deutschland zurückkehren konnte. Nach seiner Rückkehr hatte sich Nasibullah S. große Hoffnung auf einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland gemacht: "Mein Plan ist: Ich will studieren und arbeiten und in Deutschland zur Ruhe kommen", sagte er damals.

Nasibullah S. saß in jenem Flieger, der am 69. Geburtstag von Horst Seehofer nach Kabul ging

Der Flug vom 3. Juli 2018, bei dem 69 abgelehnte Asylbewerber nach Kabul abgeschoben wurden, hatte Aufsehen erregt, weil er am 69. Geburtstag von Horst Seehofer (CSU) stattfand und sich der Bundesinnenminister bei einer Pressekonferenz darüber erfreut gezeigt hatte. Nasibullah S. hatte im Dezember 2015 Asyl in Deutschland beantragt. Er gab an, von den Taliban bedroht worden zu sein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) lehnte seinen Antrag im Februar 2017 ab. In der Begründung hieß es, er müsse nicht in den gefährlichen Süden des Landes zurückkehren, sondern könne auch in anderen Regionen Afghanistans leben, die ausreichend sicher seien.

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Quelle:
SZ vom 20.09.2018
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