Süddeutsche Zeitung

Türkei:Gericht erlässt Haftbefehl gegen "Cumhuriyet"-Chefredakteur

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Fünf Tage nach seiner Festnahme ist gegen den Chefredakteur der regierungskritischen türkischen Tageszeitung Cumhuriyet, Murat Sabuncu, Untersuchungshaft wegen Terrorvorwürfen verhängt worden. Ein Gericht habe am Samstag Haftbefehl gegen Sabuncu und acht weitere Cumhuriyet-Mitarbeiter erlassen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Zunächst sei gegen insgesamt vierzehn Mitarbeiter der Zeitung Haftbefehl erlassen worden, schrieb die Cumhuriyet am Montag. Den Zeitungsmitarbeitern werden Verbindungen zu dem Prediger Fethullah Gülen vorgeworfen. Präsident Recep Tayyip Erdoğan macht den in den USA lebenden Anführer der Gülen-Bewegung für den Putschversuch im Juli verantwortlich. Des Weiteren, so der Vorwurf, sollen Cumhuriyet-Journalisten die in der Türkei verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützt haben.

Erste Festnahmen bereits im vergangenen November

Es ist nicht das erste Mal, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen der Cumhuriyet und dem türkischen Staat kommt. Im vergangenen November waren der damalige Chefredakteur Can Dündar und der Hauptstadt-Büroleiter des Blattes, Erdem Gül nach brisanten Enthüllungen der Zeitung festgenommen und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Im Zuge der aktuellen Festnahmen sei Dündars Haus in Istanbul erneut durchsucht worden, schreibt die Cumhuriyet. Zudem sei er zur Fahndung ausgeschrieben worden. Dündar lebt inzwischen in Deutschland. Gegen ihn und Gül ist noch ein weiteres Verfahren wegen Unterstützung einer Terrororganisation anhängig. Unter den aktuell Festgenommenen ist nach Angaben der Zeitung auch Dündars Anwalt Bülent Utku. Utku sitzt im Vorstand der Cumhuriyet-Stiftung.

Verhaftungen in "höchstem Maße alarmierend"

Unmittelbar nach den ersten Festnahmen hatten Beobachter und Politiker mit Entsetzen auf die Festnahmen bei der kritischen türkischen Zeitung reagiert. "Das Vorgehen türkischer Behörden gegen 'Cumhuriyet' und andere kritische Medien ist nicht tolerabel", sagte der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz der taz. "Wo Pressefreiheit beschnitten wird und Journalisten in Angst leben, da ist die Demokratie am Ende."

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die neuerlichen Verhaftungen von Journalisten in der Türkei als in "höchstem Maße alarmierend" und sagte den Betroffenen Solidarität zu. Zugleich drohte sie Ankara indirekt mit Auswirkungen auf die EU-Beitrittsverhandlungen. "Die Journalisten können sich unserer Solidarität gewiss sein. Genau wie all diejenigen, die in der Türkei unter erschwerten Bedingungen für Presse- und Meinungsfreiheit eintreten", sagte Merkel in Berlin.

Mehrere Journalisten-Organisationen, darunter "Reporter Ohne Grenzen" und der Deutsche Journalistenverband, forderten, die Cumhuriyet-Mitarbeiter umgehend freizulassen.

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