Süddeutsche Zeitung

Thailand:Ein Schlag für den Armeechef

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Seit 2014 hält General Prayut Chan-o-cha die Macht in Thailand in den Händen. Wie lange er dabei offiziell als Premierminister diente, muss nun geklärt werden - bis dahin ist er vom Dienst suspendiert.

Von David Pfeifer, Bangkok

Derzeit ist es relativ ruhig in Bangkok, kaum Touristen in der Stadt, der Regen fegt einmal am Tag durch die Straßen, in der Umgebung des Chao Phraya wird gegen das nächste Hochwasser vorgesorgt. Doch in den vergangenen Tagen hatte sich öffentlicher Ärger angekündigt, weil General Prayut Chan-o-cha, 68, bis Mittwoch Premierminister Thailands, die maximale Amtszeit, die auf acht Jahre begrenzt sein soll, überschritten habe. Das Militär selbst hatte diese Grenze nach dem letzten Putsch im Jahr 2014 in der neuen Verfassung von 2017 festgeschrieben.

Es wurde demonstriert, obwohl man wegen der Pandemie-Maßnahmen weiterhin alle öffentlichen Versammlungen verboten hat. Doch die Unzufriedenheit, vor allem in der jungen Bevölkerung, ist riesig. Die Frage: Wie lange sollte man sich den Ausdruck von Unmut denn noch verbieten lassen, wenn die Touristen nicht mal mehr Masken tragen müssen? Etwa bis im Mai 2023 endlich wieder gewählt werden soll?

Ein Sieg der Demonstranten, aber kein Aufbruch

Am Mittwoch dann wurde dem drohenden Aufruhr eine Entscheidung des Verfassungsgerichts entgegengesetzt: Prayut Chan-o-cha solle sich erst mal von einen Amtsgeschäften zurückziehen. "Ein Schlag für den ehemaligen Armeechef" schrieb die Nachrichtenagentur Reuters. Der General war 2014 durch einen Putsch an die Macht gekommen und 2019 in einer demokratisch zweifelhaften Wahl bestätigt worden. Einige seiner Anhänger argumentierten, er sei erst seit drei Jahren im Amt.

Man kann die Entscheidung als kurzfristigen Sieg der Oppositionsparteien werten, die in jüngster Zeit verstärkt versuchen, den Premierminister mit Forderungen nach Wahlen, parlamentarischen Manövern und Misstrauensanträgen zu nerven. Bislang ohne Erfolg. Allerdings wurde nun als "Caretaker PM", also als Übergangspremierminister, der bisherige Stellvertreter, General Prawit Wongsuwan, 77, bestimmt, der ohnehin als mächtigster Mann in der Regierung gilt.

Sollte das Gericht entscheiden, dass Prayut seine Amtszeitbeschränkung erreicht hat, würde das gewählte Parlament einen neuen Premierminister aus den Kandidaten auswählen, die bei den Wahlen 2019 angetreten sind. Prayuts "Palang Pracharat"-Partei führt eine 17-Parteien-Koalition im Parlament an, die zusammen mit den vom Militär gewählten Senatsmitgliedern über genügend Stimmen verfügt, um den nächsten Premierminister zu bestimmen. Ein Aufbruchssignal für eine junge Demokratie ist das nicht.

Es soll nun in den kommenden zwei Wochen festgestellt werden, ob Prayut Chan-o-cha seit 2014, 2017 oder erst seit 2019 regiert. Danach könnte er wieder als Premierminister eingesetzt werden. Oder ein anderer Premierminister könnte vorgezogene Wahlen innerhalb von 60 Tagen ansetzen. Ob diese allerdings noch vor dem prestigeträchtigen asiatisch-pazifischen Treffen der Wirtschaftsmächte "APEC 2022" im November in Bangkok stattfinden wird, ist zu bezweifeln. Die aktuelle Regierung würde diesen Termin vermutlich lieber nutzen, um sich nach der Pandemie noch einmal im besseren Licht zu präsentieren, bevor es dann hoffentlich freie und faire Wahlen gibt.

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