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Terrormiliz:Boko Haram soll Hunderte Frauen und Kinder entführt haben

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"Es war niemand da, sie aufzuhalten"

Die islamistische Terrorgruppe Boko Haram hat im Nordosten Nigerias offenbar erneut Hunderte Menschen entführt und Dutzende getötet. Der Vorfall soll sich im Ort Damasak nahe der Grenze zu Niger ereignet haben. Ein Augenzeuge berichtet der Nachrichtenagentur Reuters, die Extremisten hätten dort etwa 500 junge Frauen und Kinder gefangen genommen. Anschließend hätten sie ungefähr 50 von ihnen umgebracht und die übrigen mit sich genommen. "Wir wissen nicht, ob sie noch andere getötet haben, nachdem sie weg waren."

Die Regierung bestätigte den Vorfall. Ein Beamter in Maiduguri, der Hauptstadt des Bundesstaats Borno, sagte der Deutschen Presse-Agentur, er sei informiert worden, dass etwa 350 Frauen und Kinder entführt worden seien. Der Ort sei nicht gegen die Angreifer verteidigt worden. "Es war niemand da, sie aufzuhalten", so der Beamte.

Möglicherweise Racheakt

Nahezu alle von Boko Haram besetzten Gebiete wurden nach Angaben der Regierung in Abuja von der nigerianischen Armee und Soldaten aus Niger und Tschad befreit. Auch aus Damasak, wo die Islamisten jetzt erneut zuschlugen, sollen diese erst vergangene Woche vertrieben worden sein. Daher liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei der jüngsten Attacke um einen Racheakt handelt.

Frauen, die der Verschleppung entgehen konnten, sitzen gemeinsam vor ihren Hütten in Damasak.

Boro Haram war hier: Eine Wand in der Stadt ist von den Terrormilizen mit ihren Symbolen bemalt worden.

Männer, die mutmaßlich ihre Frauen und Kinder verloren haben.

Die Stadt im Norden Nigerias ist gezeichnet von den Kämpfen der vergangenen Wochen. Die Straßen säumten auch am Dienstag noch Trümmer und ausgebrannte Autowracks. Soldaten verteilten Lebensmittel an einen Handvoll Menschen, die in Damasak ausharrten. Einige kehrten kurz in die Stadt zurück, um nach ihren Häusern zu sehen, zogen dann aber wieder ab.

Präsidentenwahl am Samstag

Boko Haram hat in der Vergangenheit immer wieder Menschen entführt. Jungen werden Sicherheitsexperten zufolge häufig als Kämpfer zwangsrekrutiert und Mädchen zu Sexsklavinnen gemacht oder zwangsverheiratet. Im April vergangenen Jahres verschleppten die Islamisten fast 300 Schülerinnen. Der Fall lenkte die internationale Aufmerksamkeit auf den Aufstand der Miliz.

Boko Haram kämpft im Norden Nigerias seit sechs Jahren für ein Kalifat. Die Gruppe ist berüchtigt für ihre Brutalität. Allein im vergangenen Jahr tötete sie schätzungsweise 10 000 Menschen. Zugleich häuften sich Übergriffe in Nigerias Nachbarländern. Wegen der Gewalt wurde die Präsidentenwahl von Februar auf kommenden Samstag verschoben.

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Süddeutsche.de/dpa/Reuters/sks
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