Süddeutsche Zeitung

Terrorismus:Komplizen festgenommen

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Sicherheitsbehörden in Tunesien haben zwei mutmaßliche Hintermänner des in Köln lebenden Islamisten vernommen.

Von Lena Kampf, Ronen Steinke , Berlin

Sechs Wochen nach der Verhaftung eines tunesischen Islamisten in Köln, der mutmaßlich einen Anschlag mit dem Gift Rizin plante, haben tunesische Sicherheitsbehörden zwei mögliche Hintermänner festgenommen. Die beiden sollen, so der Vorwurf, über den verschlüsselten Chat-Dienst Telegram mit dem in Köln lebenden Sief Allah H., 30, in Kontakt gewesen sein. Einer der beiden Männer soll ihn in der Zeit zwischen September und Oktober 2017 dazu ermutigt haben, einen Anschlag in Deutschland zu begehen. Der zweite habe H. versprochen, ihm nach seiner Tat in Deutschland mit falschen Papieren zur Flucht zu verhelfen. Dies erklärte am Freitag das tunesische Innenministerium.

Dass Sief Allah H. in Kontakt mit mindestens zwei Chatpartnern stand, die sich als Mitglieder der Terrormiliz "Islamischer Staat" ausgaben, war deutschen Ermittlern bekannt. Sie nannten sich "Abu Hatton", "Mujahid Al-Saqri" und "Ziyad", auch vermutete die Karlsruher Bundesanwaltschaft bereits, dass der in Köln lebende Sief Allah H. sich darauf vorbereitet hatte, nach dem geplanten Anschlag zu fliehen, womöglich nach Italien oder von dort weiter in ein afrikanisches Land. Kurz vor seiner Festnahme am 12. Juni in Köln hatte er unter anderem einen Schlafsack gekauft, womöglich zur Vorbereitung. In Deutschland, so erklärte die Bundesanwaltschaft am Freitag, soll Sief Allah H. sich nach den bisherigen Ermittlungen aber lediglich mit seiner deutschen Frau, Yasmin H., beraten haben.

Spätestens im Frühjahr 2018 soll sich Sief Allah H. demnach entschlossen haben, auf den Tipp seines ausländischen Chatpartners hin einen Anschlag in Deutschland zu begehen. Zuvor war er zweimal daran gescheitert, über die Türkei nach Syrien auszureisen, um sich dort als Kämpfer der Terrormiliz IS anzuschließen. Woran seine Ausreise scheiterte, ist bisher unklar.

Die Samen sind in Deutschland frei verkäuflich, sie werden in der Kosmetik verwendet

Sodann soll H. geplant haben, an einem "geschlossenen und belebten Ort" in Deutschland einen Sprengsatz mit einer mit Rizin präparierten Splitterladung zu zünden, der allerdings noch nicht konkret feststand. Dieses Gift soll Sief Allah H. den Vorwürfen zufolge selbst hergestellt haben, Mitte April kaufte er dazu über das Internetportal Amazon in drei Tranchen etwa 175 bis 200 Rizinussamen. Im Mai kaufte er weitere 2000 Samen, und weil bei der Bestellung etwas schief lief, bekam er weitere 1000 gratis. Rizinussamen sind in Deutschland frei verkäuflich, sie werden teils in der Kosmetik verwendet. Seine anonymen Chatpartner unterwiesen Sief Allah H., wie er daraus eine toxische Substanz gewinnen könne, die schon in kleinsten Mengen tödlich wirkt.

Offenbar folgten sie einer Anleitung, die der IS über das Internet verbreitet, "Dschihadistische Tipps und Ideen, um die Ergebnisse und Aktionen Einzelner zu verdoppeln". Daneben rieten sie Sief Allah H. aber auch zu bestimmten Methoden, um die Samen zu zerkleinern. Dass der Fall rechtzeitig deutschen Behörden bekannt wurde, ist einem Hinweis aus den USA zu verdanken, wo Amazon seinen Hauptsitz hat. Ob der Fall nach den Verhaftungen in Tunesien nun aufgeklärt ist, muss sich noch zeigen.

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Quelle:
SZ vom 04.08.2018
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