Süddeutsche Zeitung

Taiwan:Asien-Premiere der Ehe für alle

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Die Regierung in Taipeh erlaubt die Heirat gleichgeschlechtlicher Paare. Das ist in Asien ein Novum. Zuvor hatte es erbitterte Gegen-Kampagnen konservativer Gruppen gegeben.

Von Lea Deuber, Taipeh

Als erstes Land in Asien hat Taiwan am Freitag die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erlaubt. In Zukunft sind sie anderen Ehepaaren im Steuerrecht, bei Versicherungen und dem Sorgerecht für Kinder gleichgestellt. Vor knapp zwei Jahren hatte das Oberste Gericht in Taiwan das Eheverbot für Schwule und Lesben als verfassungswidrig erklärt und die Regierung aufgefordert, die Gesetzeslage innerhalb von zwei Jahren zu überarbeiten. Die Deadline für eine Umsetzung wäre in einer Woche ausgelaufen.

Seit der Entscheidung des Verfassungsgerichts hatte es Widerstand gegen die geplante Liberalisierung gegeben. Konservative und christliche Organisationen hatten mehrere Referenden angestrengt. In Taiwan sind zwar nur fünf Prozent der Bevölkerung Christen. Die Gruppen setzten allerdings auf gezielte Kampagnen in den sozialen Netzwerken, um Stimmung gegen die Homo-Ehe zu machen. Viele ältere Menschen in Taiwan sprechen sich gegen das Recht aus, weil sie es für eine Pflicht ihrer Kinder halten, eigene Nachkommen zu bekommen, um die Familie fortzuführen. Erst im November hatten sich in einem Referendum sieben Millionen Wahlberechtigte gegen die Öffnung der Ehe für alle ausgesprochen. Mehr als sechs Millionen stimmten für eine rechtliche Sonderstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Die Befürworter kamen nur auf die Hälfte der Stimmen.

Zwischenzeitlich sah es sogar danach aus, als ob sich das Parlament trotz Gerichtsbeschluss nicht auf einen gemeinsamen Gesetzesentwurf würde einigen könnte. Die regierende Fortschrittspartei versuchte, die Umsetzung aufgrund des hohen Drucks der konservativen Aktivisten vor den Regionalwahlen im Winter zu verschleppen. Im Parlament konnte man sich gleichzeitig auf keine gemeinsame Lösung einigen.

In Taiwan gibt es bereits seit den 1990er Jahren eine wachsende Gemeinschaft, die sich für die Rechte von Homosexuellen, Bisexuellen und Transgender engagiert. In Taipeh feiern bei der Gay-Pride jedes Jahr bis zu 80 000 Menschen. Sie ist die größte Parade ihrer Art in Asien. Die Entscheidung am Freitag wurde von Menschenrechtsorganisationen weltweit begrüßt.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2019
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