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Südamerika:Minister in Brasilien tritt elf Tage nach Ernennung ab

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Die politische Krise in Brasilien geht weiter. Zwei Wochen nach der Suspendierung von Präsidentin Dilma Rousseff erklärte Planungsminister Romero Jucá, sein Amt vorübergehend ruhen zu lassen. Er will Vorwürfe gegen ihn ausräumen, wonach er geplant haben soll, Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras zu behindern.

Die Vorwürfe gegen Jucá wiegen schwer. Der Zeitung "Folha de São Paulo" ist ein Mitschnitt eines im März geführten Telefongesprächs zugespielt worden.

In dem Telefongespräch unterhält sich Jucá mit Sergio Marchado, dem Expräsidenten der Petrobras-Tochter Transpetro. Es geht um den milliardenschweren Petrobras-Skandal in den Dutzende Politiker und Manager verschiedener Firmen verstrickt sind. Sie sollen hohe Schmiergeldzahlungen bei Auftragsvergaben des Konzerns angenommen oder veranlasst haben. Auch Jucá selbst steht bei den Untersuchungen im Fokus. Der federführend zuständige Ermittlungsrichter Sérgio Moro scheut nicht vor langen Haftstrafen auch gegen Politiker zurück.

Am Telefon sagt Machado, der Manager, dem Minister Jucá, er fürchte, dass sein Fall vor dem Gericht Sergio Moros verhandelt werde. Jucá antwortet: "Man sollte die Regierung auswechseln, um dieses Blutbad zu stoppen." Michel Temer, inzwischen Interimspräsident von Brasilien, solle dafür einen "nationalen Pakt" schmieden. "Dann würde alles (d.h. die Anti-Korruptionsermittlungen, Anmerkung der Red.) aufhören." Es klang ganz danach, als wollte Jucá sein Amt dazu nutzen, die Petrobras-Ermittlungen versanden lassen.

Jucá galt als Schlüsselminister der neuen Regierung

Der erst vor elf Tagen ernannte Jucá galt als ein Schlüsselminister für die geplante Reformoffensive zur Wiederbelebung der Wirtschaft und als Vertrauter von Interimspräsident Michel Temer. Beide gehören der Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) an. Temer hat die suspendierte Präsidentin Dilma Rousseff abgelöst und eine konservative Regierung ohne die linke Arbeiterpartei gebildet. Rousseff soll den Staatshaushalt geschönt haben, um ihre Wiederwahl 2014 zu sichern. Der Vorwurf wird nun juristisch geprüft, im Herbst wird über eine endgültige Absetzung entschieden.

Dem Mitschnitt zufolge sagt Jucá auch, er habe mit Generälen und anderen Militärs gesprochen und ihre Gesichter hätten ihm gesagt, sie würden die geplante Absetzung von Rousseff tolerieren. Rousseff hat die Amtsenthebung stets als "Putsch" bezeichnet, weil die Vorwürfe dies nicht rechtfertigen würden.

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