Süddeutsche Zeitung

"Strippenzieher" im Bonner Politikbetrieb:Ehemaliger SPD-Politiker Wienand gestorben

Er war der engste Vertraute des damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner und galt als einer der einflussreichsten Persönlichkeiten im Bonner Politikbetrieb der siebziger Jahre. Jetzt ist der ehemalige SPD-Politiker Karl Wienand im Alter von 84 Jahren gestorben. Ob 1972 beim Misstrauensvotum gegen den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt oder Jahre später im Kölner Müllskandal - Wienand war stets ein Mann für heikle Fälle und politische Grauzonen.

Der ehemalige SPD-Politiker Karl Wienand ist im Alter von 84 Jahren gestorben. Das bestätigte ein Sprecher der nordrhein-westfälischen SPD am Montagabend.

Wienand galt als eine der schillerndsten Figuren im Bonner Politikbetrieb. Nach Flucht aus sowjetischer Gefangenschaft wurde der Sohn eines Sozialdemokraten schnell politisch aktiv. 1947 wurde er SPD-Mitglied, 1953 zog er bereits in den Bundestag ein.

In den 60ern und Anfang der 70er Jahre war Wienand eine der einflussreichsten Persönlichkeiten in Bonn. Er war der engste Vertrauter des SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner und galt dabei als Mann für heikle Fälle und die politischen Grauzonen.

Der frühere CDU-Abgeordnete Julius Steiner behauptete, er habe von Wienand 50.000 Mark bekommen und deshalb beim Misstrauensvotum gegen den SPD-Kanzler Willy Brandt 1972 für den Sozialdemokraten gestimmt. Viel später kam heraus, dass Steiner das Geld vom DDR-Staatssicherheitsdienst bekommen hatte.

Wienand zog sich 1974 aus der Politik zurück. Gleichwohl stand er mehrfach wieder im Rampenlicht. So kam er in den Ruch der Spionage: In einem Indizienprozess verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf Wienand 1996 als einstigen DDR-Informanten zu zweieinhalb Jahren Haft. Er habe keine großen Geheimnisse, aber SPD-Interna verraten. Ins Gefängnis kam der damals schon schwer kranke Wienand, der im Zweiten Weltkrieg ein Bein verloren hatte, aber nicht. Er wurde von Bundespräsident Roman Herzog begnadigt.

2004 wurde er zu einer Schlüsselfigur im Kölner "Müllskandal". Nach eigenem Geständnis hat er im Zusammenhang mit dem Bau einer Verbrennungsanlage eine Million Euro Schmiergeld angenommen und dafür zwei Jahre Haft auf Bewährung bekommen. Seitdem war es völlig still geworden um ihn.

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dpa/olkl
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