Süddeutsche Zeitung

Streit um den Nordpol:Vom Sockel

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Alle Staaten rund um die Arktis versuchen, ihr Unterwasser-Territorium auszudehnen. Tatsächlich ist nur ein kleiner Teil des Meeresbodens übrig, der nicht von irgendwem beansprucht wird.

Von Silke Bigalke

Ein Gebirge am Meeresboden, das wie der Pol tief unter der Wasseroberfläche liegt, ist zum Streitobjekt zwischen den Arktis-Anrainern geworden. Die Russen behaupten, dieses Gebirge - und damit der Nordpol - sei mit ihrem Festlandsockel verbunden, also die Verlängerung Russlands unter Wasser. Kanada behauptet, das Unterwassergebirge gehöre zu Nordamerika, Dänemark meint, es sei die Verlängerung Grönlands. Nur Norwegen macht bei dem Streit um den Nordpol nicht mit.

Die Russen und Dänen haben ihren Anspruch auf den Nordpol bei der zuständigen UN-Stelle in New York angemeldet, der Kommission zur Begrenzung des Festlandsockels. Kanada hat dasselbe vor. Die Kommission prüft die Ansprüche und gibt dann eine Empfehlung ab. Jeder Staat darf nach Seerechtsübereinkommen innerhalb von 200 Seemeilen vor seiner Küste alleine fischen und nach Rohstoffen bohren. Wenn er beweisen kann, dass sein Festland unter Wasser über diese 200 Meilen hinausgeht, kann er diese Gebiete zusätzlich beanspruchen. Norwegen ist auf diese Weise 2009 das sogenannte Loop Hole in der Barentssee, das westliche Nansenbecken im Arktischen Ozean und das "Banana Hole" im Europäischen Nordmeer zwischen Grönland und der norwegischen Küste zugestanden worden.

"Alle Staaten an der Arktis sind daran interessiert, ihre Festlandsockel zu maximieren, daher ist dort nur ein sehr kleiner Teil des Meeresbodens übrig, der nicht von irgendwem beansprucht wird", sagt Arild Moe, Politikwissenschaftler und Russlandexperte am norwegischen Fridtjof-Nansen-Institut. Das hat auch Auswirkungen auf die aktuellen Erdölpläne der norwegischen Regierung, die Gebiete für die Rohstoffsuche ausgeschrieben hat.

Russland hat darauf reagiert, weil einige der Gebiete in der 200-Meilen-Zone von Spitzbergen liegen. Die Insel steht unter norwegischer Souveränität, laut Spitzbergenvertrag dürfen jedoch auch andere Staaten sie wirtschaftlich nutzen. Die Ölförderung müsse darunterfallen, fordert Russland. "Norwegen argumentiert dagegen, dass der Vertrag auf dem norwegischen Kontinentalsockel irrelevant ist und daher Norwegen die exklusiven Rechte an den Rohstoffen dort hat", so Moe. Er aber glaubt nicht, dass es größeren Streit gibt, bevor in der Region tatsächlich Öl produziert wird.

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SZ vom 28.12.2015
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