Süddeutsche Zeitung

Robert Mueller:Wie dem Sonderermittler ein Skandal angehängt werden soll

Lesezeit: 3 min

Von Christian Zaschke, New York

Während die Kampagnen für die Kongresswahlen am kommenden Dienstag auf vollen Touren laufen, gibt es in Washington eine Frage, die im Hintergrund lauert und den Republikanern durchaus Bauchschmerzen bereitet: Was macht eigentlich Robert Mueller? Der Sonderermittler wurde eingesetzt, um zu untersuchen, inwieweit Russland Einfluss auf die Präsidentschaftswahl von 2016 genommen hat. Und vor allen Dingen, ob Trumps Team dabei mit Moskau kollaboriert hat. Eine Zeitlang hat Trump in seinem Lieblingsmedium Twitter gegen Mueller gewettert. Zuletzt ist er jedoch auffällig still gewesen.

Muellers Bericht wird mit Sicherheit nicht mehr vor den Wahlen veröffentlicht. Das würde zu sehr nach dem Versuch der politischen Einflussnahme aussehen. Doch er wird erscheinen, und die große Frage ist, was er herausgefunden hat. Zuletzt wurde bekannt, dass er unter anderem gegen einen Lobbyisten namens Roger Stone ermittelt, der sich den Republikanern als Kontakt zur Enthüllungsplattform Wikileaks angeboten hatte.

Wikileaks hatte kurz vor der Wahl E-Mails von Hillary Clintons Wahlkampfmanager John Podesta veröffentlicht, die offenbar von den Russen gehackt worden waren. Interessant war der Zeitpunkt der Veröffentlichung: Die Offensive von Wikileaks kam gut eine halbe Stunde, nachdem eine Aufnahme von Trump aufgetaucht war, auf der dieser sich damit brüstet, dass er aufgrund seiner Berühmtheit Frauen ungefragt an den Genitalien berühren könne ("Du kannst sie an der Muschi greifen"). Die Veröffentlichung der E-Mails war offenkundig dazu gedacht, von Trumps Aussagen abzulenken.

Roger Stone gilt als notorischer Lügner, weshalb seine sämtlichen Aussagen mit Vorsicht zu genießen sind. Sicher ist, dass er mit Trumps damaligem Berater Steve Bannon in Kontakt war, wenn auch nur sporadisch. Er gab an, über geplante Aktionen von Wikileaks Bescheid zu wissen, was kurz Bannons Interesse weckte. Mittlerweile behauptet Stone, er habe sich lediglich wichtig gemacht. Er habe gar nichts gewusst. Dennoch hat sich Mueller für den Vorgang interessiert. Was der Sonderermittler ansonsten untersucht hat, ist das große Rätsel in Washington. Anders als fast alle im politischen Betrieb um ihn herum schweigt Mueller eisern.

Sicher ist jedoch, dass es Bemühungen von Trump-Anhängern gibt, ihn zu diskreditieren. In dieser Woche wurde bekannt, dass mindestens zwei Frauen mit der Frage kontaktiert worden sind, ob sie öffentlich darüber berichten wollen, dass Mueller sie sexuell belästigt habe. Das Magazin The Atlantic berichtet von einer Frau, die erzählt, man habe ihr 20 000 Dollar angeboten, wenn sie behaupte, Mueller habe sie in den Siebzigerjahren belästigt. Sie hat damals in einer Kanzlei gearbeitet, für die auch Mueller tätig war. Zudem habe man ihr angeboten, ihre Kreditkartenrechnungen zu bezahlen. Auf welchen Betrag sich ihre Schulden auf den Kreditkarten beliefen, habe die Kontaktperson auf den Dollar genau gewusst. Die Frau wandte sich daraufhin an mehrere Journalisten.

Offenkundig gibt es konkrete Bemühungen, Mueller zu beschädigen

Eine weitere Frau erhielt eine E-Mail, in der ihr ein Honorar in beliebiger Höhe angeboten wurde, wenn sie über ihr Verhältnis zu Mueller sprechen würde. Sie möge das Thema bitte vertraulich behandeln, da es eine delikate Angelegenheit sei, hieß es in dem Schreiben. Diese Frau reichte die betreffende E-Mail direkt an das Büro von Mueller weiter. Muellers Sprecher Peter Carr erläuterte in einer seltenen Einlassung, dass das Büro beide Fälle an das FBI übergeben habe. Man nehme die Vorgänge sehr ernst.

Am Donnerstag gab der konservative Radiomoderator und Verschwörungstheoretiker Jack Burkman zusammen mit dem Trump-Fan und Twitter-Aktivisten Jacob Wohl eine Pressekonferenz. Angekündigt hatten sie, eine Zeugin zu präsentieren, die davon berichten werde, von Mueller sexuell belästigt worden zu sein. Die vermeintliche Zeugin war jedoch nicht anwesend. Das wurde damit erklärt, dass sie um ihr Leben fürchte und deshalb spontan ins nächste Flugzeug gestiegen sei.

Der 20 Jahre alte Wohl hat unter anderem geäußert, dass Mueller im Gefangenenlager Guantanamo Bay einsitzen solle. Der in rechten Kreisen durchaus angesehene Radiomoderator Burkman pries Wohl als Wunderkind, das größer als Mozart sei.

Die beiden Männer hatten dargelegt, wann genau Mueller sich der sexuellen Belästigung schuldig gemacht haben soll. Nachdem die Washington Post anmerkte, dass Mueller an dem fraglichen Datum als Geschworener im Gericht saß, bemerkte Wohl, dass man manchmal im Gericht sein könne und zugleich anderswo. Die Anwesenden lachten ihn aus, woraufhin er anmerkte, das alles sei keineswegs zum Lachen. Das ist es tatsächlich insofern nicht, als es offenkundig ebenso fragwürdige wie konkrete Bemühungen gibt, Sonderermittler Robert Mueller mit allen Mitteln zu beschädigen.

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Quelle:
SZ vom 03.11.2018
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