Süddeutsche Zeitung

Mord an Journalist Kuciak:Slowakischer Ministerpräsident Fico tritt zurück

Lesezeit: 1 min

Bereits am Mittwochabend hatte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico erklärt, er sei zum Amtsverzicht bereit - unter der Bedingung, dass seine sozialdemokratische Smer-Partei auch künftig den Ministerpräsidenten stellt. Nun hat Präsident Andrej Kiska das Gesuch des Ministerpräsidenten angenommen und dessen Stellvertreter Peter Pellegrini mit der Regierungsbildung beauftragt.

Nach dem Mord an dem Journalisten Ján Kuciak und dessen Verlobter drohte Ficos Drei-Parteien-Koalition zu zerbrechen; am Montag war bereits der Innenminister zurückgetreten - eine erste Reaktion auf regierungskritische Proteste in Folge des Mordfalls Kuciak.

Kuciaks Tod hängt "höchstwahrscheinlich" mit seinen Recherchen zusammen

Kuciak und seine Verlobte waren am 25. Februar erschossen worden. Der Journalist hatte mehrfach Artikel über korrupte Machenschaften in der Slowakei veröffentlicht. Zuletzt recherchierte er zu mutmaßlichen Verbindungen der Regierungspartei zur italienischen Mafia. Fico wies diese Anschuldigungen zunächst zurück und warf der Opposition vor, den Tod zweier junger Menschen als politisches Druckmittel einzusetzen. Die Polizei geht allerdings auch davon aus, dass Kuciaks Tod "höchstwahrscheinlich" mit seinen Recherchen zusammenhängt.

Diese Woche nahm die slowakische Polizei zum zweiten Mal einen italienischen Geschäftsmann fest, der in den Recherchen Kuciaks auftauchte. Grundlage ist laut Staatsanwaltschaft ein europäischer Haftbefehl, den ein Gericht in Venedig erwirkt hat. Dem Mann werden Drogenhandel und organisierte Kriminalität vorgeworfen.

Medienberichten zufolge hatte Kuciak auch über mutmaßliche Verfehlungen von Unternehmern recherchiert, die Ficos sozialdemokratischer Partei Smer nahestehen sollen. Im vergangenen Herbst erhielt Kuciak demnach Drohungen, er erstattete Anzeige bei der Polizei.

Die Ermordung des Reporters sorgte im In- und Ausland für Bestürzung und führte in der Slowakei zu Massenprotesten gegen die grassierende Korruption. Am Freitag gingen in der Hauptstadt Bratislava 40 000 Menschen gegen Fico und seine Regierung auf die Straße.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3908075
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/AP/fued
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.