Süddeutsche Zeitung

"Sea Watch 3":Kapitänin Rackete rechtfertigt Hafeneinfahrt

Lesezeit: 1 min

"Die Situation war hoffnungslos. Und mein Ziel war es lediglich, erschöpfte und verzweifelte Menschen an Land zu bringen." So erklärt die Kapitänin der Sea Watch 3, Carola Rackete, ihre Entscheidung, unerlaubt in den Hafen von Lampedusa einzufahren. An Bord befanden sich 40 Flüchtlinge, die die Seenotretter am 12. Juni vor Libyen an Bord genommen hatten.

Die aus Niedersachsen stammende 31-Jährige ließ über ihre Anwälte der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera mitteilen, sie habe Angst gehabt, dass es Suizide an Bord des Schiffes geben könnte, wenn sie den Hafen nicht anführe. Es habe nicht mehr genug Wasser an Bord gegeben, niemand habe mehr duschen können, überall habe sich Abfall getürmt.

Rackete war vergangene Woche zunächst unerlaubt in italienische Hoheitsgewässer eingefahren und schließlich auch in den Hafen von Lampedusa. Damit hatte sie sich über die Anweisungen der italienischen Behörden hinweggesetzt. Rackete drohen nun Anklagen, unter anderem wegen Beihilfe zur illegalen Migration. Sie wurde bei der Ankunft in Lampedusa festgenommen, derzeit steht sie unter Hausarrest. Die Sea Watch 3 wurde von den italienischen Behörden beschlagnahmt. Es wird erwartet, dass die 31-Jährige am Montag verhört wird.

Auch der Vater der Kapitänin, Ekkehart Rackete, äußerte sich im Corriere della Sera. "Carola ist nicht impulsiv, sie weiß immer, was sie macht, und sie ist eine starke Frau." Er sagte weiter: "Das, was passiert ist, war keine Überraschung, ich bin sicher, dass sie sich der Konsequenzen bewusst war, denen sie entgegen ging."

Nach mehr als zwei Wochen auf offener See hatte Rackete die Sea Watch 3 in den Hafen von Lampedusa gesteuert. Das deutsche Innenministerium teilte mit, wie die Flüchtlinge verteilt und aufgenommen würden, werde derzeit auf europäischer Ebene geklärt.

Derweil haben die Fernsehmoderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umfauf zu einer Spendenaktion für die Organisation Sea Watch aufgerufen. Zwölf Stunden nach dem Aufruf waren 190 000 Euro gespendet worden. Mit dem Geld sollen mögliche Gerichtskosten bezahlt werden. Die Spendenaktion läuft noch bis zum 31. Juli.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4505310
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Sz.de/dpa/hij
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.